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42 Die Organisation: Von der Gründung zur Konsolidierung
jetzt über ein geregeltes Einkommen und eine einheitliche Ausbildung verfügte, wurden
die Reformen des Staatskirchentums im Hinblick auf das Kirchenvermögen wenn schon
nicht in allem zur Gänze goutiert so doch immerhin weitgehend akzeptiert.49 In Summe
blieb die Finanzgebarung des katholischen Religionsfonds jedoch weitgehend passiv.
Seine durch die vielfältigen Aufgaben zumeist negativen Bilanzen mussten regelmäßig
aus Staatszuschüssen abgedeckt werden.50
Der Vorwurf einer im Allgemeinen inkonsequenten wie sprunghaft agierenden Politik
Josephs
II.51 bestätigte sich im Besonderen am Beispiel des katholischen Religionsfonds.
Die vorwiegend kirchliche Kritik an den vermeintlich aus der Finanznot für die Re-
form heraus gesteuerten Klosterauflösungen52 ist freilich nicht gänzlich von der Hand zu
weisen. Insgesamt wäre es indes verfehlt, den Josephinismus ähnlich der französischen
Aufklärung als von vornherein kirchenfeindlich zu deuten. Die Kompromisshaltung
stand hier deutlich im Vordergrund und war weithin entscheidungsbestimmend.53 Die
verdichtet formulierte Einschätzung von Hermann Franz über den Religionsfonds als
einer zentralen, den Josephinismus verkörpernden Idee ist von diesem Standpunkt aus
sicherlich weitgehend zuzustimmen : »Die josephinischen Reformen entbehren vielfach
des geschlossenen, festen Aufbaues. Sie stellten eine Verbindung von finanzpolitischen,
sozialreformerischen und reformkirchlichen Absichten dar. Sie können fast alle als ein-
zelne, selbständige Reformwerke angesehen werden, aber auch mit manchem Recht als
Teil der großen, umfassenden, im Religionsfonds verkörperten Idee.«54 Dass sich hinge-
gen mit dem Religionsfonds auch die »Idee von der Einheit [… des] Landes« verband
und »diese Idee im josephinischen Staate zur Rechtsauffassung geworden ist«55, trifft aus
verschiedenen Gründen für den katholischen Religionsfonds weit weniger zu
– wie noch
eingehend darzulegen sein wird – als für den einzigen ostkirchlichen, den gr.-orient.
Religionsfonds der Bukowina.
49 Valjavec ²1945, Josephinismus, 66.
50 Hussarek 1909, Religionsfonds, 94 ; zur gleichen Einschätzung gelangen schon zuvor Riehl &
Reinöhl 1881, Kaiser, 98 : »Der Religionsfond reichte auch in der Folgezeit niemals für die kirchli-
chen Zwecke aus, so daß der Staat immer wachsende Zuschüsse leisten mußte.«
51 Schindling 1997, Aspekte, 690.
52 Benedikt 1947, Kaiser, 160.
53 Aretin 1985, Josephinismus, 519.
54 Franz 1908, Studien, VI.
55 Franz 1908, Studien, 240.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439