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Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 45
Beschränkungen des persönlichen Karriereaufstiegs, der bislang in erheblichem Maße
von der religiösen Zugehörigkeit abhängig gewesen war.13 Das bedeutete in der Folge
auch einen freien Zugang orthodoxer Christen zur höheren Bildung, was andererseits
wiederum im Sinne der Staatsraison den Reformvorhaben in der Bukowina in die Hand
spielte, wie das persönliche Beispiel des Bojaren Basilius Balsch unterstreicht.14 Die
Veröffentlichung des Patentes hielt der kommandierende General der Bukowina indes
fast ein halbes Jahr bis zum 7. April 1782 zurück. General Karl Freiherr von Enzen-
berg befürchtete, dass dies in einer Provinz »ungleiche Eindrücke« hervorrufen musste.
Einerseits liefen zur gleichen Zeit Verhandlungen über die Diözesanregulierung. Zum
anderen musste Enzenberg unbedingt den Verdacht entkräften, mit dem Toleranzpatent
seitens des Staates auch in der Bukowina eine Kirchenunion herstellen zu wollen. Zu-
dem waren hier die allermeisten Ruthenen des Landes ganz im Gegensatz zum benach-
barten Galizien-Lodomerien nicht-uniert.15
Der mit der Pfarr- und Diözesanregulierung von Joseph II. im Habsburgerreich in
Gang gebrachte Prozess zielte hauptsächlich auf eine starke zentralstaatliche Durch-
dringung des Raumes und der Gesellschaft auf allen Ebenen ab.16 Hier griff die Wiener
Verwaltung bewusst auf frühere Erfahrungen zurück, die gezeigt hatten, dass gerade
die Pfarrämter einigermaßen erfolgreich als Institutionen des Konsolidierungsprozes-
ses durch den Staat herangezogen werden konnten.17 Aus diesem Blickwinkel wirkt es
umso verständlicher, dass die Reorganisation der kirchlichen Verhältnisse als Funda-
ment staatlicher Ordnung gerade in der Bukowina von ebenso zentraler wie primärer
Bedeutung war, mehr vielleicht als in den alten Kron- und Erbländern, die auf einer
weitgehend gefestigten ständischen wie staatlichen Grundstruktur ruhten.
Auf das ordnende Potential der Kirche für die Bukowina hatte bereits der erste Lan-
desadministrator der Bukowina, Gabriel Freiherr Splény von Miháldy, in seiner Be-
schreibung des Bukowiner Distrikts verwiesen, deren Anregungen wegweisend für die
fortschreitende Landeseinrichtung werden sollten.18 Enzenberg, der Splény als militä-
13 Suttner 1981, Toleranzgesetzgebung, 100 ; ders. 2009, Kirche, 160.
14 Zur Person Balschs vgl. Ceauşu 2007, Iluminist.
15 »[…] man müsse bei dem ohnehin finsteren Volke jeden Schein einer irrigen Auffassung des erst in
diesem Jahr publicierten Toleranzpatentes vermeiden« ; Ministerium f. Cultus u. Unterricht 1782, ad.
Nr. 19.IV.a.3., Enzenberg, Czernowitz v. 13.VII.1782, zit. nach Zieglauer 1896, Bilder III, 103.
16 Otruba 1985, Staatshaushalt, 198.
17 Göszy bezieht sich hier auf das frühe 18.
Jahrhundert unmittelbar nach dem Ende der osmanischen
Herrschaft in den Gebieten südlich der Donau ; Göszy 2014, Konsolidierung, 210.
18 »Alle diese Clerisey ist ohne aller Wissenschaft und die Unwißenheit erstrecket bey denen mehres-
ten auch auf die Glaubenssachen. Ihr Privat-Lebenswandel will eben auch nicht allerdings belobet
werden, doch wißen sie durch die Hypokrisie des allzustrengen Fastens die Einfalt des Pöbels in
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439