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Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 47
Wien war über die Situation der Klöster in der Bukowina durch die seit 1774 re-
gelmäßig eingehenden Berichte und Beschreibungen von Friedrich Mieg22, Splény23,
Enzenberg und Basilius Balsch bestens informiert.24 Für die Administration bot nicht
nur der Umstand, dass die meisten Basilianerklöster überaus vermögend waren, einen
Anreiz, gerade hier mit der Reform anzusetzen und deren weitere Schritte aus diesem
Kapital zu finanzieren.25 Die Tatsache, dass allein der jeweilige Igumen26 in Abstimmung
mit dem noch dazu außerhalb der Bukowina im Fürstentum Moldau residierenden Me-
tropoliten über die Vermögensgebarung der Klöster bestimmen konnte, widersprach
den zentralstaatlich orientierten Vorstellungen josephinischer Politik.27 Darüber hinaus
gestaltete sich als Folge der in den westlichen Ländern der Krone bereits eingeleiteten
Kirchenreformen die Stimmung jener vor Ort eingesetzten Beamtenschaft gegenüber
der in ihren Augen unzumutbar bremsend wirkenden Kirche ohnedies mit massiven
Vorbehalten. Die in der Bukowina angetroffene, zumeist wesentlich ärmlichere und mit
den katholischen Klöstern nicht zu vergleichende Situation der Basilianer verstärkte
diese negative Grundhaltung nur. Entsprechend wiederholen sich diese stereotypen Bil-
der in den diversen Berichten. Viele Weltgeistliche vermochten weder zu lesen noch zu
schreiben und hatten damit nur einen äußerst eingeschränkten Zugang zu den Neue-
rungen ihrer Zeit.28 Das durch die Reformen verunsicherte »Mönchen-Volck« erschien
den zumeist zugezogenen oder in Wien ausgebildeten Beamten als »ungesittet, aber-
gläubisch, und ohne in das innere eines Gegenstandes zu dringen, [als] halsstarrig«.29
Ausgesprochen kompromisslose Josephinisten wie der Lemberger Universitätsprofes-
sor Balthasar Hacquet konnten in der Existenz von Geistlichen im Allgemeinen und
22 Major Friedrich v. Mieg führte um 1774 eine erste Rekognoszierung der Bukowina durch, worin
der beträchtliche Klosterbesitz erstmals systematisch aufgenommen wurde ; Polek (Hg.) 1897, Be-
schreibung, 12.
23 Splény verfasste als Militäradministrator zwischen 1774 und 1778 insgesamt drei Denkschriften
über die Bukowina ; Polek (Hg.) 1893, General.
24 Einen Überblick zur Ausgangssituation der Bukowina am Beginn der österreichischen Herrschaft
bietet Polek (1894, Reisen, 34–37) ; Scharr 2010, Landschaft, v.a. Kapitel 6 (Innere Verwaltungs-
entwicklung).
25 »Der geistl. Stand in der Buccovina […] machet den ersten Stand aus, und übersteiget weit den welt-
lichen am Vermögen und am Bestand der Güter« ; ANR-B HKR VI/48/1781 Protokoll 14. Sitzung d.
Staatsrates v. 12.VI.1781, fol. 25.
26 Auch Hegumen, Klostervorsteher in orthodoxen Klöstern.
27 »Die Macht des Radaunczer Bischofs war bisher nicht weiter, als auf die zu seiner Dioces gehörigen
Popen gegangen« ; ANR-B HKR VI/48/1781 Protokoll 14. Sitzung d. Staatsrates v. 12.VI.1781, sowie
Enzenberg (s. Anm. 19) ; zit. nach Zieglauer 1893, Bilder I, 55.
28 Enzenberg (s. Anm. 19) ; zit. nach Zieglauer 1893, Bilder I, 53.
29 Balsch nach Polek 1895, Reisen, 107.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439