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92 Die Organisation: Von der Gründung zur Konsolidierung
unter anderem im Fehlen von Fachschulen eine der zentralen Ursachen für die ökono-
misch triste Situation des Kronlandes bereits folgerichtig erkannt. So forderte die 1850
eingerichtete Bukowinaer Handels- und Gewerbekammer dementsprechend seitens des
gr.-orient. Konsistoriums ein, dass der Religionsfonds hierfür im Sinne seines Auftrages
Mittel bereitstellen sollte. Allerdings – und das ist wiederum ein Beispiel für die Persis-
tenz politischer Strukturmängel, die noch aus dem administrativen Zusammenschluss
der Bukowina und Galiziens zwischen 1786 und 1849 herrührten – sah sich dabei das
einflussreiche lateinisch katholische Konsistorium in Lemberg im Nachteil, hätten doch
die Schulen in diesem Fall dem gr.-orient. Bischof unterstanden.22 Der Zuständigkeits-
bereich des Lemberger Konsistoriums als Schuloberbehörde erstreckte sich zu diesem
Zeitpunkt immer noch auf die Bukowina, ungeachtet der seit 1849 erfolgten politischen
Trennung von Galizien.23 Trotz der dadurch bedingten Verzögerungen konnte schließ-
lich in den Jahren 1860 bis 1863 in Czernowitz eine Oberrealschule eingerichtet wer-
den.24 Die Dotation dafür hatte der Bukowiner Religionsfonds geleistet.
Auf die gesamtwirtschaftliche Lage der Bukowina wirkten sich überdies nicht nur
außenpolitische Ereignisse wie der Krimkrieg (die damit verbundenen Truppenkon-
zentrationen, Handelsbeschränkungen etc.) negativ aus, sondern auch die wiederholten
Missernten dieser Jahre. Die Grundentlastung und das schon erwähnte Fehlen billiger
Arbeitskräfte zogen für die in der Bukowina dominierende Gutsherrschaft den Verlust
ursprünglicher Kostenvorteile gegenüber einer wachsenden Konkurrenz in der Moldau
und Bessarabien nach sich.25 Zusammen mit der mangelhaften Strukturmodernisie-
rung in der Landwirtschaft wurzelte darin ein weiterer sich gegenseitig aufschaukelnder
Nachteil.26
In der Forstwirtschaft stellten sich die Probleme durchaus ähnlich dar. Den Wald als
»Factor des Nationalreichthums«27 hatte man in der Bukowina wohl erkannt. Immerhin
beliefen sich die Waldungen des Kronlandes laut Katastralausweis für das Jahr 1847 auf
22 Anonymus 1862, Hauptbericht, 9 u. 11, Vorwort W. v. Alth u. A. Mikulitsch.
23 Die Trennung von Galizien-Lodomerien hinsichtlich der einzelnen Verwaltungsstränge erfolgte
schrittweise in den auf 1849 folgenden Jahrzehnten ; hinsichtlich der Justiz war etwa eine Loslö-
sung zu Lemberg mit den Reformen von 1868 eingetreten ; die Oberaufsicht über das Schulwesen
für die Bukowina lag seit 1850 in den Händen des gr.-orient. Konsistoriums (nach wie vor davon
ausgenommen waren allerdings katholische Schulen) ; mit 1869 fiel das gesamte Schulwesen in die
Kompetenz des neu errichteten Landesschulrates ; Catargi (Hg.) 1899/2004, Bukowina, 444 u. 449f.
24 Kaindl 1908/2005, Geschichte, 286 ; Catargi (Hg.) 1899/2004, Bukowina, 452.
25 Grünberg 1899, Gundentlastung, 3.
26 Anonymus 1862, Hauptbericht, 4f.
27 Handels-Ministerium (Hg.) 1854, Mittheilungen, 43.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439