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98 Die Organisation: Von der Gründung zur Konsolidierung
meinden) vorsah
– eine Schädigung dieser Ressource vorprogrammiert war, fehlten den
betroffenen Gemeinden doch die für eine geregelte Bewirtschaftung oftmals sowohl die
notwendigen Einrichtungen als auch die Erfahrung. Dem vermochte der Staat erst ver-
gleichsweise spät 1873 durch die Schaffung von Forstbehörden als übergeordneten Auf-
sichtsorganen gegenzusteuern.50
Die Ablösung der Holznutzungsrechte in Geld oder Obligationen erachtete der Re-
ligionsfonds als nachteilig »in so lange nicht alle Ansprüche der Gemeinden auf das
Eigenthum von Waldparzellen des Religionsfondes und alle anderen Waldservitutenan-
sprüche dieser Gemeinden ausgetragen seien«. Man wollte daher die Entscheidungen
der Bukowinaer Grundlasten-Ablösungs und Regulirungs-Landes-Kommission wie der
Finanzlandesdirektion als gesetzlicher Vertreter des Religionsfonds abwarten. Grund-
sätzlich boten sich dafür drei Lösungsvarianten an, die auch das Patent von 1853 vorsah :
die Ablöse in Geld oder Obligationen, in Grund und Boden oder durch einen servitu-
tenmäßigen Naturalbezug. Zwischenzeitlich konnte das bischöfliche Konsistorium als
Eigentumsvertreter des Fonds gegenüber den staatlichen Stellen nicht ganz kritiklos
bleiben, hatten doch die Bevollmächtigen der Finanzlandesdirektion und die Servitu-
ten-Lokal-Kommissare, die »aus dem Religions-Fonde so bedeutende Bezüge als Pau-
schalien und als Reisekosten bezogen, seid (sic !) ihrer Einsetzung so wenig Ersprießli-
ches geleistet«.51
Ursprünglich wiesen 300.690 Hektar der Religionsfondswaldungen Servitutslasten
aus.52 Gegen die Ablösung der Holzbezugsrechte brachten die Konsistorialbeamten
gleich mehrere aus ihrer Sicht schwerwiegende Einwände vor. Einerseits befürchte-
ten sie auf Grund der Höhe des erforderlichen Ablösungskapitals (immerhin pro Jahr
366.000 Gulden, auf 20 Jahre !) eine Existenzgefährdung des Fonds. Andererseits wies
das Konsistorium – freilich nicht ganz uneigennützig – auch auf soziale Aspekte hin.
Wie sollten sich etwa bei steigenden Preisen die Armen der Gemeinden künftig ihren
Holzbezug sichern ? Dazu hält ein Bericht des Konsistoriums fest : »Religionsfonds und
hohes Aerar würden diese immerhin enorme, die Holzungsberechtigten aber ruinie-
rende Summe für ein Holzwerk hinauswerfen, welches, ohne zu dem geringsten Preise
verwerthet werden zu können, in den ungeheueren Waldungen dieser Güter zu Hun-
derttausenden von Stämmen unnütz verfault.« Zudem zweifelte man seitens des Kon-
sistoriums erheblich an der Fähigkeit der Gemeinden, eine »selbständige wie gemein-
50 Kundmachung Ackerbauministerium v. 3.IV.1873 in Betreff der künftigen Verwaltung der Staats- und
Fondsforste und Domänen (RGBl. XVI. Stück, Kundmachung Nr. 44 ex 1873, S. 194ff.) ; die Güter des
gr.-orient. Religionsfonds waren davon ausgenommen.
51 DACZ 320/3/3258 Protokoll der Konsistorialsitzung. Czernowitz v. 3./15.III.1864.
52 Guzman 1901, Forstwirtschaft, 103.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439