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Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 207
rung, Manastyrski zum Generalvikar gegen den Willen des Erzbischofs zu ernennen,
nicht einverstanden erklären, aber ebenso wenig etwas daran ändern.356 Die Bukarester
Zeitungen reagierten völlig ungehalten darüber. Hatte es doch ihrer Ansicht nach »die
österreichische Regierung verstanden, im Bukowinaer rumänischen Volke die letzten
Lebenskräfte zu erschlagen«. Der »präsumptive Metropolit« wäre zudem ein »moralisch
gefallener Süffling«, der die »Ruthenisierung des Landes« gewiss vorantreiben würde.357
Nicht anders zu erwarten, begrüßten die Anhänger der Jungruthenen diesen Schritt und
dankten in einer Versammlung dafür ; zugleich bekräftigten sie bei dieser Gelegenheit
ihre Opposition zu den rumänischen Beschlüssen und die weiterhin vertretene Forde-
rung nach einer Teilung der Diözese sowie einem eigenen Bischof.358
Exil, Rückkehr, Wiederaufbau und Neubeginn
Knapp drei Wochen nach Kriegsausbruch und zwei Tage vor dem Evakuierungsbefehl
der Behörden vom 24. August 1914 meldete sich Repta mit einem Hirtenbrief zu Wort.
Sein Aufruf erinnerte die Gläubigen an ihre Pflichten gegenüber dem Kaiser. Gemein-
sam sollte man jetzt die Ernte einbringen, sich gegenseitig ohne Rücksicht auf den Stand
helfen und, ganz so wie Joseph
II., sich hinter den Pflug stellen.359 Allein, die Ereignisse
begannen sich zu überschlagen.
Im Verlauf des Krieges gelang es russischen Truppen, Teile der Bukowina zweimal
für eine jeweils längere Periode zu besetzen : vom 30. August 1914 bis zum 13. Juni 1915
und vom 10. Juni 1916 bis zum 7. März 1918. Czernowitz war dreimal davon betrof-
fen, vom 2. September bis zum 2. Oktober, vom 28. November 1914 bis zum 16. Fe-
bruar 1915 und vom 18. Juni 1916 bis 3. August 1917. Eine offizielle Beendigung des
Kriegszustandes für die Bukowina wurde erst im Mai 1918 ausgesprochen.360 Der Erz-
bischof, Geistliche anderer Konfessionen, der Bürgermeister und weitere Repräsentan-
ten der Stadt verblieben in Czernowitz, nicht zuletzt, um die Ordnung innerhalb der
Bevölkerung trotz der Besatzung aufrechtzuerhalten. Der Metropolit versuchte sich
beim russischen Gouverneur S. Efreinow für die Freilassung der Zivilgeiseln, unter de-
nen sich auch der Czernowitzer Bürgermeister befand, einzusetzen. Trotz allem konnte
Repta hier wenig bewegen. Allerdings gelang es ihm, die anfänglich hohe Kontributi-
356 Czernowitzer Allgemeine Zeitung Nr. 3220 v. 3.X.1913, 4, Zur gr.-or. Kirchenfrage.
357 Universul Z. 257 v. 18.IX.1913 ; nach Bukowinaer Post Nr. 3090 v. 6.I.1914, 2, Die Kirchenfrage in der
Bukowina.
358 Bukowinaer Post Nr. 3060 v. 12.X.1913, 2f., Versammlung der gr.-or. Priesterschaft i.d. Bukowina.
359 Czernowitzer Allgemeine Zeitung Nr. 3532 v. 22.VIII.1914, 4, Ein Hirtenbrief des Metropoliten Dr.
Wladimir v. Repta.
360 Zapolovs’kij 2003, Буковина, 194.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439