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Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 213
herauszustreichen. So äußert sich etwa Bleyleben in einer Erwiderung auf Onciul im
Bukowiner Landtag :
Ich verwalte den Religionsfond bereits sechs Jahre und ich habe gesehen, daß alles Gute und
Schöne, welches für das Land geschaffen wurde, zum größten Teile vom Religionsfond her-
stammt.390
Auch der Kirchenführung unter Repta darf dieses auf Ausgleich gerichtete Anliegen
grundsätzlich nicht völlig abgesprochen werden, obgleich die Reserviertheit in der
Frage nach demokratischer innerkirchlicher Mitbestimmung, wie sie im Kirchenkon-
gress immer wieder über diese Jahre zur Sprache gekommen war, vielfach der traditio-
nell hierarchischen Grundhaltung der Amtskirche, die hier zugleich als Großgrundbe-
sitzerin auftrat, geschuldet war. Darin blieben sich Repta und seine Amtsvorgänger seit
Hackmann
– ungeachtet ihrer nationalen Präferenzen
– stets einig.
Sie sehen, in welchem prachtvollen Palais ich wohne. Das sieht doch nicht nach Unterdrü-
ckung aus […]. Der Religionsfonds, den Kaiser Franz Josef durch seine Beamten verwaltet,
sorgt dafür, daß wir eine ganz vorzügliche Bildung erhalten. Unsere Pfarrer sind sehr gut ge-
stellt.391
Dabei darf insgesamt nicht übersehen werden, dass Wien zwar einerseits eine Politik
des Ausgleichs zwischen den rivalisierenden Nationalitäten und politischen Parteien an-
strebte, andererseits aber wenig Interesse aufbrachte, seinen Einfluss auf die Kirche des
Landes und ihr Vermögen in irgendeiner Weise einschränken zu lassen. Diese Haltung
hatte sich schon Jahre zuvor in der Diskussion um eine einheitliche wie zeitgemäße Ver-
fassung für die orthodoxe Kirche des österreichischen Reichsteils abgezeichnet. Dabei
war selbst die Frage der Benennung, ob nur ›orientalisch‹ oder ›orthodox‹, nicht einfach
zu klären, hätte das doch letztlich ein Zugeständnis des Staates in Richtung mehr Au-
tonomie bedeutet, also einen Schritt, den Wien nicht wirklich bereit war zu setzen. So
ergab sich in den Verhandlungen um die Normierung der gr.-orient. Kirche seitens der
Synode eben die Frage nach der korrekten Bezeichnung. Die Synode verwies auf die
»Naturwidrigkeit der heutigen officiellen Benennung unserer Kirche [als] ›griechisch-
orientalisch‹«. Repta hatte im Einvernehmen mit der Synode von Karlowitz 1903 ei-
390 Czernowitzer Allgemeine Zeitung Nr. 1803 v. 19.I.1910, 1f., Bukowiner Landtag. Die Aufteilung der
Ackergrundstücke des Religionsfondes.
391 Czernowitzer Allgemeine Zeitung Nr. 2931 (Mittagsausgabe) v. 9.IV.1913, 1, Erzbischof Dr. von
Repta über die Beschuldigungen der Panslavisten gegen Österreich-Ungarn.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439