Page - 230 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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230 Die Institution: Struktur & Werte
seiner Zusammenstellung des Jahres 1907 daher heraus, dass der erwirtschaftete Ge-
winn aus den Forsten des Bukowiner gr.-orient. Religionsfonds im Vergleich zu 1874
einem Zuwachs von 600 % entsprach.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen hatten dafür ebenso einen entscheidenden Bei-
trag geleistet. Erst das Forstgesetz von 1852, seine Novellierungen von 1873 und 1883
sowie das Landesgesetz von 189746 schufen die zeitgemäße Basis, auf dem sich eine,
nunmehr einheitlich für den Gesamtraum gültige, moderne Forstwirtschaft entwickeln
konnte. Dieser gesetzliche Rahmen löste in der Bukowina endgültig ältere Waldnut-
zungsbestimmungen der josephinischen Epoche aus den Jahren 1782 und 1785 ab.47
Landtags- wie Reichsratsabgeordnete des Kronlandes artikulierten vor diesem Hinter-
grund immer wieder Begehrlichkeiten, die einen ›stärkeren‹ Landeszugriff auf die Mittel
des Religionsfonds anpeilten. Als treibende Kraft dahinter stand das Streben des Land-
tages nach größerer finanzieller Autonomie sowie einem daraus abzuleitenden politi-
schen Machtgewinn. In dieser Hinsicht vertrat ebenso die gr.-orient. Kirchenhierarchie
–
wie schon zuvor dargestellt – das Ziel, ihre äußerst beschränkte Verfügungsgewalt über
die Institution des Fonds auszudehnen bzw. – aus ihrer Perspektive – ›zurückzuholen‹.
Die Wiener Regierung, die Religionsfondsmittel weitestgehend zum Wohl des Landes
und zur Schonung des Staatshaushaltes einsetzte (wie es etwa am Beispiel der Montan-
werke offenbar wurde), zeigte indes wenig Willen, hier wirklich das Heft des Handels
aus der Hand zu geben. Die Ministerien erteilten derlei Ansinnen regelmäßig Abfuh-
ren. Dass die Bukowina damit in Cisleithanien kein Einzelfall war, belegen vergleichbare
Eingaben von Landtagsabgeordneten anderer Kronländer.48 Allerorten zeigten sich ent-
sprechende Bemühungen regionaler Eliten, dem Staat eine höhere finanzielle Dotierung
für die Länder abzuringen, um damit zugleich einen Autonomiezuwachs zu ergattern.
Vor allem bei dringend nötigen Investitionen in die Infrastruktur bekamen sie dies re-
46 RGBl. Nr. 250, Kaiserliches Patent v. 3.XII.1852, wirksam für die Kronländer […] und die Bukowina,
wodurch für diese Kronländer ein neues Forstgesetz erlassen, und vom 1. Jänner 1853 angefangen,
in Wirksamkeit gesetzt wird ; Gesetz- und Verordnungsblatt f. d. Herzogthum Bukowina Nr. 34, Ver-
ordnung des Ackerbauministeriums betreffend die genauere Handhabung des Forstgesetzes […],
sowie Landesgesetzblatt Nr. 15 v. 2.VII.1897.
47 Anonymus (Hg.) 2000/01, cod silvic ; Kirileanu (Hg.) 2001, Orinduala ; Guzmann urteilt über
die ältere Waldordnung folgendermaßen : »Sie war in ihrer Art und für ihre Zeit ein Meisterstück
landesväterlicher Fürsorge und Weisheit, hatte aber wohl einzig und allein bei der Bewirtschaftung
der Staats- und Religionsfondsforste Beachtung gefunden« ; Guzmann 1901, Forstwirtschaft, 109.
48 Beispielhaft dazu Salzburger Chronik Nr. 48 v. 27.II.1896, 1, Rede des Abgeordneten Dr. Viktor von Fuchs.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439