Page - 261 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Image of the Page - 261 -
Text of the Page - 261 -
Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 261
Bischof von Radautz seine Rechte an den Gütern ohnedies gegen ein jährliches Salär abge-
treten und darüber hinaus habe bereits davor, unter dem Fürsten Cuza Vodă, eine Säku-
larisierung der Klostergüter stattgefunden, woraus im Hinblick auf die Wiederherstellung
des ursprünglichen Rechtes wiederum ein nachvollziehbarer Anspruch des Staates darauf
abzuleiten sei. Insgesamt legte die Gruppe um Nistor jedoch zumindest in der Öffentlich-
keit Wert darauf, den »desaströsen Einfluss der Politik« auf die Kirche zurückdrängen zu
wollen.52 Trotz eines unmittelbaren Protestes des Erzbischofs war diese Entscheidung nicht
mehr rückgängig zu machen.53 Die bis zum Zusammenbruch des Habsburgerreiches üb-
liche Konsenspraxis einer weitgehenden Übereinstimmung bzw. eines Akkordierens von
Beschlüssen zwischen den Staatsbehörden und den kirchlichen Organen wurde damit von
Nistor gezielt geschwächt und später gänzlich aufgehoben.54 Im Februar 1922 dekredierte
der König, bei gleichzeitiger Bestätigung der grundsätzlich kirchlichen Eigentumsrechte,
die Übertragung der Religionsfondsagenden an das Landwirtschaftsministerium.55 Als
direkte Folge politischer Instabilität der Bukarester Regierungen verschoben sich bis zur
Schaffung einer einheitlich organisierten orthodoxen Kirche des Königreiches 1925 die mi-
nisteriellen Verantwortlichkeiten nochmals.56 So setzte die Regierung Octavian Goga
– die
Liberalen unter Bratiănu fanden sich auf der Oppositionsbank wieder – kurzzeitig Repta
als alleinig bevollmächtigten Leiter des Religionsfonds ein.57 Das Vermögen der Kirche
verwaltete der Kirchenkongress, in den sowohl Vertreter des Erzbischofs als auch des Kon-
sistoriums mit Sitz und Stimme entsandt wurden. Erstmals war diese neu geschaffene Ins-
titution 1921 zusammengetreten. Sie bestand aus 60 Mitgliedern, davon zwei Drittel Laien.
Staatssekretär Dr. Dori Popovici, zugleich Präsident der Vereinigungskommission, nahm
die Bukarester Interessen als Regierungsvertreter im Kongress wahr.58 Außerdem behielt
sich der König vor, die zwei weltlichen und zwei kirchlichen Beisitzer – auf Vorschlag des
Erzbischofs – per Dekret zu ernennen. Dem Kongress wiederum oblagen zwar alle un-
52 Glasul Bucovinei Nr. 128 v. 25.IV.1919, Titelseite, Trecerea fondului religionar în administraţia mitro-
politului [Dr. Vasile Bodnărescu] ; Nr. 473 v. 21.VII.1920, Titelseite, Discuţiuni asupra administrării
averiolor fondului [Dr. Aurel Morariu] ; Bodnărescu ebenso wie Aurel Morariu gehörten als Gefolgs-
leute zum engeren Kreis um Nistor ; Hausleitner 2001, Rumänisierung, 142.
53 Repta an Nistor v. 14./27.IV.1919 ; Sârbu 1931, Reflexiuni, Anexa 5.
54 Valenciuc 2010, Fondul, 58.
55 Decret Regal Nr. 838 v. 14.II.1922 ; Dimitrovici 1922, Istoricul.
56 Entsprechend wurde die endgültige Regelung der Religionsfondfrage bis zur gesetzlichen Klärung
der Kircheneinheit aufgeschoben ; Adresa Ministerului Cultelor şi Artelor v. 12.IV.1921 Nr. 20375
sowie deciziunea Consiliului de Miniştri v. 31.III.1921 Nr. 606 ; ANB 2719 108/1921, fol. 68, Extras
din Protocolul şedinţei solenare Consistoriului arhiepiscopesc ortodox al Bucovinei v. 20.IV./3.V.1921.
57 Goga an Repta Nr. 20375 1/24 1921 ; nach Sârbu 1931, Reflexiuni, Anexa 9.
58 Telegraful Român Nr. 39 v. 14./27.V.1921, 3 ; Nr. 48 v. 18.VI./1.VII.1921, 1 ; nach Brusanowski
2007, Autonomia, 157f.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439