Page - 339 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Image of the Page - 339 -
Text of the Page - 339 -
Hebel strukturellen Wandels: Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 339
der Bukowina an Bedeutung gewinnenden Forstwirtschaft. Anders gesehen hatte die
private Montanindustrie im Südwesten des späteren Kronlandes in den wenigen Jahr-
zehnten ihrer gewinnträchtigen Existenz das ursprünglich vom Staat intendierte Ziel
der Erschließung dieses Raumes vollauf erreicht. Während der Insolvenz des Manz-
schen Unternehmens trat wiederum der Staat in Gestalt des Religionsfonds stärker in
Erscheinung und federte den im Niedergang begriffene Bergbau ab bzw. stellte Mittel
zu dessen Restrukturierung bereit. Die solide ökonomische Basis, die sich zu diesem
Zeitpunkt der gr.-orient. Religionsfonds in den fast 70 Jahren seit seiner Gründung
zu schaffen vermochte, ermöglichte jetzt sein gestalterisches Eingreifen für die ganze
Provinz. Im Bergbau der Bukowina lässt sich folglich über den Verlauf des 19. Jahr-
hunderts nicht nur die Schwankungsbreite des staatlichen Interventionismus bei der
Entwicklung einer Region nachverfolgen. Die Badeanlagen des Religionsfonds ent-
wickelten sowohl in Dornawatra als auch in Jakobeny sich in der Nachbarschaft der
Werke. Auch hier hatte der Einstieg des Fonds einen bemerkenswerten Impuls zum
wirtschaftlichen Aufstieg gegeben.
Am Beispiel von Jakobeny und Dornawatra zeigt sich auch, dass der Staat – wenn-
gleich in indirekter Weise über den Religionsfonds – einigermaßen erfolgreich in der
Bukowina ›intervenieren‹ und konkrete Modernisierungsimpulse setzen konnte. Das
Zusammenspiel nationaler wie internationaler ökonomischer Verhältnisse und die
wachsend selbstbewusste Stellung des Fonds als Eckstein für die Entwicklung des Kron-
landes darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Die nach 1918 daran anschließende
neue Situation stellte beide Orte allerdings insofern vor große Probleme, als die relative
Autonomie des Religionsfonds bzw. der Metropolie als Eigentümer im Königreich zu-
nehmend schwand. Wie schon während der österreichischen Zeit bediente sich der Staat
des Religionsfonds zur Durchsetzung eigener Interessen, ohne dass der Fonds jetzt über
ebenso entsprechend wirksame Einspruchsmöglichkeiten verfügt hätte. Einerseits galt
es, die zum Teil erheblichen Kriegsschäden zu beheben und die allgemeinen wirtschaft-
lichen Krisen dieser Jahre zu überstehen. Andererseits förderte die eingetretene staatli-
che Neuorientierung auch hier einen wachsenden politischen Einfluss in die Entschei-
dungsstrukturen beider Einrichtungen. Dazu gesellte sich eine dauerhafte Unsicherheit,
die tief in den vielen laufenden Umstrukturierungsmaßnahmen und Skandalen dieser
Jahre wurzelte. Die gesetzten Maßnahmen konnten in der gegebenen Zeit ihrerseits in
den Betrieben des Fonds nicht wirksam werden.131 Ungeachtet dessen verblieben beide
Orte die gesamte Zwischenkriegszeit über bis 1948 zentrale Pfeiler für die Wirtschaft
und den regionalen Einfluss des Religionsfonds in der Bukowina.
131 Vgl. Kap. 8 sowie 9.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439