Page - 343 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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Zusammenfassungen 343
Siebenbürgen. Aus Sicht Hackmanns hingegen hätte eine derartig verbreiterte Basis für
die innerkirchliche Mitbestimmung eine unzulässige Einschränkung der hergebrachten,
legitimen Hierarchie seiner Kirche zur Folge gehabt. Dass
– wie Hackmann meinte
– da-
mit die Schafe den Hirten führen würden, war zwar überspitzt formuliert, traf jedoch
unbeabsichtigt den Kern des merkbar voranschreitenden institutionellen Wandels.
Zusätzlich begann – dynamisiert durch die allgemeine politische Entwicklung der
Habsburgermonarchie – immer stärker eine nationale Komponente diesen Wandel des
Religionsfonds zu dominieren. Diese erweist sich allerdings bei genauerer Betrachtung
als ein überaus heterogenes Gebilde. So verfolgte etwa die für den politischen Diskurs
in der Bukowina bis zur großen Wahlrechtsreform von 1907 maßgebliche Gruppe der
Großgrundbesitzer mit dem Laienbeteiligungsprozess in der orthodoxen Kirche des
Landes vielfach in erster Linie ihre eigenen Interessen und nicht unbedingt jene der je-
weils vorgeblich vertretenen nationalen Bevölkerungsgruppe.
Das nicht unmittelbar auf Hackmann folgende, aber in jeder Hinsicht für die gr.-
orient. Kirche und ihren Religionsfonds prägende Episkopat von Silvester Morariu-
Andriewicz lässt sich durch zwei potentiell gegeneinander arbeitende Grundtendenzen
charakterisieren. Während Hackmann aus seinem Amtsverständnis heraus unbedingte
wie absolute Loyalität der Priesterschaft gegenüber dem Bischof einforderte und mit ei-
ner – wie auch immer formulierten – erweiterten Mitbestimmung der Gläubigenbasis
nur wenig anfangen konnte, bespielte Silvester Morariu-Andriewicz gerade über diese
Basis bewusst das seiner Ansicht nach national rumänische Grundelement der ortho-
doxen Landeskirche und ihres Fonds. Als Priester durchbrach Morariu-Andriewicz die
eingeforderte Loyalität seines Bischofs mehrfach. Somit öffnete sich einerseits nach sei-
ner Amtsübernahme der zunächst innerkirchliche Diskurs um die eigene Ordnung und
die Frage nach der Verfügungsgewalt über den Religionsfonds zunehmend dem Feld
politischer Öffentlichkeit. Die dadurch beförderte Nationalisierung in der Kirchende-
batte hatte jedoch andererseits auch zur Folge, dass Akteure wie der Bischof den Diskurs
um die nationale Ausrichtung von Diözese und Fonds zwar befeuern, aber nur mehr
begrenzt zu steuern vermochten. Kirche und Fonds hatten sich damit auf das politische
Feld begeben, sie bildeten mithin einen der zentralen Schauplätze im vielfältigen Dis-
kursgeflecht nationaler Interessen zwischen Rumänen und Ruthenen des Kronlandes.
Reichs- wie Landespolitik besetzten bedeutend mehr als zuvor entscheidende Rollen in
der Aufstellung dieser beiden Institutionen als auch ihrer Tätigkeit. Über die einzelnen
Akteure waren dabei der Landtag und die Universität, vor allem in Form der gr.-orient.
theologischen Fakultät eingebunden, ähnliches galt gleichermaßen für die philologi-
schen und historischen Lehrstühle. Außerhalb von Kirche und Religionsfonds schien
schon aus zeitgenössischer Perspektive eine trennscharfe Unterscheidung der an diesem
Diskursfeld des Kronlandes beteiligten Institutionen kaum mehr möglich.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439