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Einleitung | 13
Nicht zuletzt will das Buch die weitgehend parallelen Forschungsrichtungen der
Stadt- und Umweltgeschichte zusammenbringen : Für die Stadtgeschichte erlauben
umwelthistorische Ansätze wichtige Kontextualisierungen, vice versa ist die Umwelt-
geschichte auf die Kultur, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte angewiesen, um komple-
xere Sachverhalte zu verstehen – beispielsweise das Phänomen des Wiederverwertens
von Materialien und Objekten, welches mit der städtischen Produktion und Konsump-
tion, mit einer grundlegenden Mentalität des Sparens wie auch einer Ökonomie der
labouring poor verbunden war.8 Somit kann die Verbindung von stadt- und umwelthis-
torischen Zugängen dazu beitragen, einen differenzierteren Blick auf vormoderne und
moderne Städte zu werfen und Narrative zu hinterfragen.
Parallel zur Expansion der Umweltgeschichte im letzten Dezennium hat sich die
Stadt als eigenes umwelthistorisches Feld etabliert. Das war anfänglich nicht ganz
unumstritten : Wenn in der Umweltgeschichte der 1980er Jahre postuliert wurde, dass
es um the role and place of nature in human life gehe und dabei nature als nonhuman
world begriffen wurde, schloss dies einen Blick auf die Stadt im Rahmen der Umwelt-
geschichte aus. Gegen diese Sichtweise traten die US-amerikanischen Historiker Joel
Tarr und Martin Melosi auf, die auf eine Betrachtung der städtischen Umwelt drängten
und somit als Pioniere der urban environmental history gelten können.9 Beide beschäf-
tigten sich vor allem mit Umweltbelastungen und der Implementierung technischer
Infrastrukturen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.10 Zahlreiche Texte der frühen
städtischen Umweltgeschichte – auch im deutschsprachigen Raum – thematisierten
städtische Umweltprobleme im Kontext der Industrialisierung und Urbanisierung und
entwarfen dabei, wie es Martin Melosi bezeichnet hat, ein Szenario des Niedergangs,
»stories of decline through human action«.11 Es wurde das Einwirken des Menschen
auf die Umwelt betrachtet, aber kaum Interaktionen. Einen zweiten Fokus der For-
schung bildeten die Bereiche der städtischen Hygiene und die Etablierung der damit
verbundenen technischen Infrastrukturen, die oft über ein lineares Modernisierungs-
narrativ dargestellt wurden.12
Seit den frühen 2000er Jahren ist die städtische Umweltgeschichte ein interdisziplinä-
res Themenfeld geworden – zu den Arbeiten aus der Geschichtswissenschaft kamen
zahlreiche Beiträge aus der Ökologie, der Soziologie und der Geographie. Bei der
Rekonstruktion urbaner Umwelt hatte bisher deutlich das Wasser im Mittelpunkt ge-
standen – begonnen bei der Frage der Wasserversorgung, was die Wassernutzung (als
Trinkwasser, aber auch als Energiequelle und für andere Verwendungen in Haushalt
und Gewerbe) und zudem die Abwasserentsorgung einschließt. Mit der Betrachtung
8 Stöger/Reith, Recycling.
9 Melosi, Place, 2 – 6 ; Schott, Resources, 2 – 4 ; Isenberg, Nature, XI–XVII.
10 Vor allem Melosi, America ; Melosi, Garbage ; Tarr, Search – vgl. auch Tarr, History.
11 Melosi, Humans, 3 u. 7.
12 Melosi, Humans ; Schott, Resources ; Uekötter, Umweltgeschichte, 1 – 6 ; Hamlin, Health, 332 – 337.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364