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58 | Kontexte : Linz 1700 bis 1900
Jahren in Kleinmünchen an der Traun – einige Kilometer südlich der Stadt – zuneh-
mend Textilproduzenten ansiedelten. Standortbestimmend waren dort die schon über
Jahrhunderte genutzte Wasserkraft und wohl die günstigen Bedingungen im Hinblick
auf Grundstückskosten und Arbeitskräfte (vgl. Kap. 4. Energie und Biomasse). Den
Textilbetrieben folgten weitere Mühlbetriebe, was zu einer erheblichen Expansion der
sehr ländlichen Gemeinde Kleinmünchen führte, die bis zum Ende des 19. Jahrhun-
derts Vorstadtcharakter erhielt.86
Nachdem in den 1770er Jahren und nochmals zu Beginn des 19. Jahrhunderts
Pläne zur Errichtung eines Donau-Moldau-Kanals über Linz bestanden hatten, wurde
ab den 1820er Jahren
– inspiriert durch englische Vorbilder
– mit Wiener Kapital eine
Verbindung als Pferdeeisenbahn gebaut, die vor allem für den Salztransport zwischen
dem Salzkammergut und Böhmen konzipiert war. Im Sommer 1832 wurde die Ver-
bindung Linz – Budweis eröffnet und bis 1836 errichtete man durch die peripheren
Stadtgebiete von Linz im Osten und Südosten eine Verlängerung nach Gmunden
und eine Abzweigung zum Traunhafen bei Zizlau.87 Die Pferdeeisenbahn, retrospektiv
tendenziell als failure und als vergebene Chance bewertet, transportierte erhebliche
Mengen an Gütern und Personen, so beispielweise im August 1837 auf der Strecke
Linz–Budweis (und retour) rund 17 Tonnen Salz, 248 Klafter Brennholz, 5 Tonnen
andere Güter und 1.008 Personen.88 Augenscheinlich sind in Bezug auf die Stadt Linz
die, wie es Roman Sandgruber bezeichnet hat, »erwarteten enormen industriellen Im-
pulse« durch die Pferdeeisenbahn nicht eingetreten,89 dennoch könnte man sie durch-
aus als sinnvolle Zwischenlösung, als Brückentechnologie interpretieren – immerhin
war die Teilstrecke Linz–Lest bis in die frühen 1870er Jahre in Betrieb.90
Die Errichtung der »Maximilianischen« Festungsanlagen rund um Linz während
der 1830er Jahre resultierte in einem beschränkten Boom für die Bauwirtschaft : In der
unmittelbaren Umgebung wurden 12 Steinbrüche und 14 Ziegeleien neu eröffnet, zeit-
weilig (1831) waren rund 3.700 Arbeiter beschäftigt, insgesamt verbaute man – für 26
Türme plus Batterien, Fort und Donautürme, die zwar 2 Millionen Gulden (CM) ge-
kostet hatten, aber schon zum Ende der 1850er Jahre mehrheitlich außer Dienst gestellt
wurden – u. a. 15 Millionen Ziegel, 195.000 Kubikmeter Steine und 6.188 Baumstäm-
me.91 Ab den 1840er Jahren entstand mit der Schiffswerft Ignaz Mayers, dem Neffen
eines Linzer Schiffmeisters, ein weiterer Betrieb, der stetig expandierte und durch die
Verwendung des neuen Werkstoffes Stahl bald überregionale Bedeutung erlangte.92 1851
86 Sandgruber, Grenzen, 62 ; Lackner/Stadler, Fabriken, 104 – 147 ; Mayrhofer/Katzinger, Geschichte,
Bd. 2, 189 – 191.
87 Oberegger, Weg, 247 – 252 ; Lackner/Stadler, Fabriken, 15f.; Sima, Pferdeeisenbahn, 31 – 55.
88 LZ, 18.9.1837.
89 Sandgruber, Grenzen, 63.
90 Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 2, 148.
91 Hillbrand, Türme, 77f., 114, 128 u. 177.
92 Rafetseder, Verstaatlichung, 945 – 949.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364