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63Regierende
und Regierte |
nende 20.
Jahrhundert andauerte. Liberal sollte in diesem Kontext eher als »unpolitisch«
und in Abgrenzung zu konservativ-klerikalen und später deutschnationalen Akteuren
gesehen werden ; in Linz war die liberale Stadtpolitik vor allem vom Besitz- und Bil-
dungsbürgertum bestimmt.124 Die stadtgeschichtliche Forschung hat die liberale Ver-
waltung europäischer Städte – wohl mit Blick auf England – als von »limited action«
und von »laissez-faire ideas« geprägt gesehen ;125 für Linz muss dies eventuell differen-
zierter gesehen werden : Ab den 1860er Jahren intensivierten sich die Bemühungen der
Stadtpolitik, die drängenden Fragen der Stadt zu lösen, was vor allem infrastrukturelle
(und weniger soziale) Bereiche betraf. Es kam zu einer Ausweitung und Ausdifferenzie-
rung der städtischen Agenden, was auch eine Vergrößerung und Professionalisierung der
Verwaltung verlangte.126 Bis ins ausgehende 19. Jahrhundert wandelte sich die reaktive,
situative Stadtverwaltung zu einer aktiven »Daseinsvorsorge«.127 Diese veränderten An-
sprüche manifestierten sich ebenso im Bereich der Stadtplanung, die sich von Detail-
planungen (wie Begradigungen und Verbreiterungen) und kleineren Parzellierungen
entfernte128 und
– in Anlehnung an die Planungen in anderen europäischen Städten129
–
auf die Umgestaltung resp. die Neuerrichtung ganzer Stadtteile und ihrer Straßennetze
abzielte, was in Linz zum Ende der 1880er Jahre über einen »Stadtregulierungsplan«
versucht, aber mangels städtischer Bautätigkeit nur partiell umgesetzt wurde.130
Ein Blick in den Linzer Gemeinderat des Jahres 1880 zeigt, dass die Stadtpolitik zu
diesem Zeitpunkt immer noch für Aufsteiger und Zuzügler offenstand : Nur 16,5
Pro-
zent der Gemeinderäte waren in Linz geboren worden (41,5 Prozent stammten aus
Oberösterreich), und lediglich zwei der zwölf Akademiker gebürtige Linzer. Es domi-
nierten freie akademische Berufe (v.a. Juristen) und Kaufleute, wenngleich mehr als die
Hälfte der Gemeinderäte nur über einen Volksschulabschluss verfügte. Ein politisches
Engagement musste man sich aber leisten können : Im Jahr 1880 bezog nur der Bür-
germeister ein Gehalt, während die Gemeinderäte unentgeltlich tätig waren.131
Das Geld der Stadt
Ähnlich wie die politischen Rahmenbedingungen veränderten sich auch die finanziel-
len Möglichkeiten der Stadt Linz zwischen den Jahren 1700 und 1900 erheblich (vgl.
124 Mittmannsgruber, Stadtverwaltung ; Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 2, 126f. u. 137 ; Tweraser,
Gemeinderat, 299 ; ders., Parteiensystem, 109f.; vgl. Rumpler/Urbanitsch, Habsburgermonarchie, Bd.
9,
564 – 566 u. Lenger, Metropolen, 288.
125 Clark, Cities, 336.
126 Lees/Hollen Lees, Cities, 182 u. 185 ; Lenger, Metropolen, 153.
127 Vgl. Schott, Urbanisierung, 304 ; Lees /Hollen Lees, Europe, 473f.; Barles/Knoll, Transitions, 43.
128 Doblhamer, Stadtplanung, 26 u. 32f.
129 Vor allem von Großstädten : vgl. Lenger, Metropolen, 181 – 184.
130 Doblhamer, Stadtplanung, 47 – 49.
131 Tweraser, Gemeinderat, 295, 320 – 323 u. 328.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364