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78 | Wasser
das 18. Jahrhundert zwischen acht und elf von der Stadt unterhaltenen Brunnen an-
nehmen, die die Bewohner/innen der inneren Stadt und der Vorstädte versorgten. Das
ist eine relativ geringe Anzahl, die sich aber mit Befunden aus anderen Städten deckt
und zeigt, dass der Stadt als Bereitsteller von Wasser – zumindest in dieser Zeit – eine
beschränkte Rolle zukam.20 Als semiöffentliche Wasserentnahmestellen können solche
gesehen werden, deren Nutzung zwar möglich war, worauf aber – im Gegensatz zu
den von der Gemeinde unterhaltenen Brunnen – kein Anspruch bestand. Darunter
fiel etwa der Brunnen im Hof des Linzer Landhauses, der von der landständischen
Wasserleitung gespeist wurde. Auch konnte eine Nutzung beschränkt sein, wenn sich
die Brunnen in Räumen befanden, zu denen ein Zugang während bestimmter Zeiten
nicht möglich war.21 Dazu gab es die Möglichkeit, das Überwasser – also Wasser, das
aus den Wasserleitungen ungenutzt abfloss – zu verwenden. Dafür konnte eine Bezah-
lung verlangt werden : Die städtischen Brunnenrechnungen dokumentierten kleinere
Zahlungen einzelner Haushalte (in den 1720er Jahren meist 30 kr oder 1 fl),22 für die
jedoch weitere Angaben fehlen23 – oder die Nutzung wurde einfach geduldet.24
Bei diesen Wasserinfrastrukturen handelte es sich um gewachsene Systeme mit
einer spezifischen Logik, die durch wirtschaftliche, aber genauso durch technische und
naturräumliche Aspekte bestimmt wurde.25 Wasserleitungen waren aufwändige Bau-
ten, die eher dann angelegt wurden, wenn Grundwasserbrunnen nicht oder nur schwer
möglich waren (wie etwa in den peripheren Gebieten auf der Hochterrasse), wenn sich
eine Quelle in der Nähe befand oder wenn es darum ging, »repräsentatives« Wasser für
Lauf- und Springbrunnen zu erhalten. Die Errichtung einer Wasserleitung, die weite
Entfernungen überbrückte, war mit erheblichen Kosten und signifikanter Expertise
verbunden : Es mussten Quellfassungen und Brunnstuben (Wasserbehälter) errichtet
und die Rohrnetze gelegt werden.26 Zwar stellte man 1795 fest, dass bislang »nicht der
geringste Plan« der ständischen Wasserleitung vorhanden gewesen sei27 – dies sollte
aber nicht als Beleg für die Primitivität eines technischen Systems gesehen werden.28
Neben den hohen Anfangsinvestitionen waren auch regelmäßige Kosten zu erwar-
ten, die für Reparaturen und Adaptionen anfielen : Besonders die gebohrten Holz-
20 Vgl. für Wien und Graz : Brunner/Schneider, Umwelt, 189 u. Macher, Hygienisierung, 12.
21 Pillwein, Beschreibung, 32.
22 AStL, HS 485 (Brunnenrechnung 1722), unpag.
23 Somit ist es unklar, ob es sich um Hausanschlüsse an die städtische Wasserleitung handelte oder nur für
begünstigte Nutzung von Wasser (etwa für Fischkalter bei den Brunnen) bezahlt wurde
– AStL, HS 501
(Brunnenrechnung 1765), pag. 31 u. 35.
24 AStL, HS 409 (Bauraittung 1770), pag. 117.
25 Vgl. Janssens/Soens, Water, 92 – 102.
26 LR E1c, Reg. 2761 (71f.) ; vgl. Suter, Wasser, 27 – 40.
27 LR BIIA41, Reg. 19950 (116f.) ; der daraufhin angefertigte Plan befindet sich jedoch nicht in OÖLA,
Karten- und Plänesammlung.
28 Vgl. Jørgensen, Sanitation, 565.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364