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79Praxis
und Logik dezentraler Wasserversorgung |
rohre mussten regelmäßig getauscht werden, da Lecks durch das Verfaulen und das
Aufreißen bei zu hohem Wasserdruck oder bei Frost entstanden.29 Im überaus kalten
Winter 1709/171030 waren bei den Bleirohren zahlreiche Frostschäden aufgetreten
und man hatte die defekten Stellen durch Holzrohre ersetzt. In den 1740er Jahren be-
klagte man, dass die Holzrohre »nunmehr wider« anfangen würden zu faulen, zudem
steige das Verstopfungsrisiko durch die sich in den Rohren befindlichen Wurzeln und
Schwämme.31 Im Jahr 1816 mussten rund 130 Meter Rohre der städtischen Wasser-
leitung (also vermutlich rund 4 Prozent der Gesamtlänge) ausgetauscht werden, was
Ausgaben von 288 fl 51 kr für Arbeit und Material verursachte.32 Trotz derartiger
Probleme und der aufwändigen Bearbeitung wurden Holzrohre,33 da sie billiger waren,
bis ins 19. Jahrhundert mehrheitlich für die Wasserleitungen verwendet, wenn man
von kürzeren Abschnitten oder Hausleitungen mit Blei- und Kupferrohren absieht.34
Da die Rohre, um sie vor Frost zu schützen und fremden Besitz nicht übermäßig
zu beeinträchtigen, meistens unter der Erde verlegt wurden, waren Defekte schwer
zu lokalisieren und die Austauscharbeiten mit einem erheblichen Aufwand verbun-
den : Im Spätherbst 1716 hatte man für Reparaturen an der ständischen Wasserleitung
»20 Gruben« ausheben müssen,35 und wiederholt finden sich Beschwerden betroffener
Bauern, die Kompensation für die Erdarbeiten auf den von ihnen genutzten Flächen
einforderten. Bereits 1702 hatte ein Bauer 18 fl erhalten, was zu dieser Zeit immer-
hin 90 Taglöhnen entsprach.36 Einem Bauern wurden als Entschädigung regelmäßige
Fuhrdienste für die Landstände zugesprochen – angeblich bestand diese Praxis schon
seit der Errichtung der ständischen Wasserleitung im späten 16.
Jahrhundert, belegbar
ist dies zumindest für das 18. Jahrhundert.37 Zwischenzeitlich wurde auch eine mone-
täre Entschädigung gewährt (jährlich 16 fl).38
Zudem waren die Wassernutzungsrechte nicht frei :39 Sie mussten durch die Grund-
obrigkeit eingeräumt werden und oftmals war dieser »Wasserdienst« mit jährlichen
29 Vgl. Suter, Wasser, 33 – 35 u. Hye, Geschichte, 103.
30 Vgl. dazu Tabelle 1 u. Strömmer, Klima-Geschichte, 105 – 107.
31 OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 443, D.XV.2/No. 82.
32 AStL, HS 859 (Kerschbaum, Chronologische Notizen, Teil 2, undat.), eingeklebt bei fol. 87.
33 So mussten die Baumstämme vor der Verwendung als Rohre im Wasser gelagert werden. Derartige
»Rohrlacken« befanden sich z. B. Ende des 18. Jahrhunderts im Oberen Graben und Anfang des
19. Jahrhunderts in St. Margarethen – LR BIIA41, Reg. 19984 (151f.) ; AStL, HS 436 (Bauamtsrech-
nung 1816), pag. 119.
34 LR E1a, Reg. 1054 (199) ; LR BIIG8, Reg. 4828 (57) ; OÖLA, Neuerwerbungen, HS 74 (»Bau-Rech-
nung« Kremsmünsterer Haus, 1804), pag. 243.
35 OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 447, D.XV.3/No. 62.
36 LR BIIG3, Reg. 1685 (68) ; der Taglohn (12
kr) findet sich z. B. in : LR E1f, Reg. 141 (53f.) oder LR BIV,
Reg. 141 (53f.).
37 OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 447, D.XV.3/No. 62.
38 Vgl. ebd.; LR BIIA4, Reg. 5106 (122) ; LR BIIA41, Reg. 20002 (168 – 171).
39 Vgl. zu Salzburg : Ebner/Weigl, Wasser, 29.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364