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86 | Wasser
lität und bot einen Rahmen für das Nachdenken über ideales und weniger ideales
Wasser.92 Während sich für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts nur einzelne Hin-
weise auf Kuraufenthalte und den Bezug von Heilwasser finden, nahm ab den 1750er
Jahren das Interesse an diesem Bereich spürbar zu :93 Es wurden Mineralwasser in
der »Linzer Zeitung« angeboten,94 die »Sint-Chronik« verwies auf eine Quelle von
»sehr frisch[em] und heilsamen Wasser« am Kalvarienberg,95 Druckschriften und
Annoncen kündigten bestehende und neu erschlossene regionale »Gesundbrunnen«
an.96 Für Linz gewann in dieser Hinsicht der ca. 10 Kilometer nördlich von Linz und
600 Meter höher gelegene Ort Kirchschlag an Bedeutung. Die 1753 gedruckte Pub-
likation »Von der Beschaffenheit und Gebrauch Des Kirchschlager Baads« war eine
Werbeschrift des Landschaftsarztes Johann Georg Mayer und ist vermutlich als Auf-
tragsarbeit der starhembergischen Grundherrschaft zu sehen, was auch der Umstand
unterstreicht, dass Mayer Hausarzt der Starhemberger war. In diesem Büchlein be-
tonte Mayer nach einer »Approbation Medica« durch einen Linzer und einen Steyrer
Arzt, dass das Kirchschlager Wasser seit mehr als 50 Jahren »viel tausend Menschen
sowohl zur Cur als Praeservation nutzlich« gewesen sei.97 Unter den Fallgeschichten,
die Mayer zitiert, finden sich auch Stadtbewohner/innen : »Eine Frau von Lintz / wel-
che lange Zeit grosse Glieder-Schmerzen gelitten / ist gleich nach dem Baad davon
befreyet worden«,98 ein Linzer, dessen Arm nach einem Schlaganfall gelähmt war, »ist
mit dem gesund und starcken Arm zuruck gekommen«.99 An prominenter Stelle geht
die Druckschrift auf die Frage der Wasserreinheit ein : Das Wasser der Kirchschlager
Quelle sei »so rein«, dass es »scheinet
/ als wann es ein eigentlich lüfftiges solches Was-
ser wäre«.100 Mayer selbst habe das Wasser »sowol Medicè als Chymicè« untersucht,101
»ich habe das Wasser inspissirt / evaporirt / putrificirt / destillirt / multaque alis ten-
tavi & figula per Organa Vitrea, ich habe es pondirt gegen anderen gewogen / auch
mit verschiedenen Sachen vermischet« und es »abrauchen lassen«.102 Schlussendlich
sei nur ein »Häutlein« auf dem Wasser übrig geblieben, auch habe er als Inhaltsstoff
»Vitriol« (Sulfat) entdeckt.103
92 Vgl. EdN, s.v. Bäderstadt u. Lotz-Heumann, Repräsentationen.
93 LR BIIA3, Reg. 3713 (136) ; LR BIIB1, Reg. 58 (53f.), 14.10.1733 ; LR BIIA7, Reg. 9702 (149) ; LR
E1g, Reg. 434 (182f.) ; LR E1d, Reg. 3683 (91).
94 LR E7e-g, Reg. 2451 (614).
95 AStL, HS 861 (»Chronologische Beschreibung«, 1770er Jahre), fol. 59a.
96 LR E7a u. b, Reg. 46 (16) ; ebd., Reg. 1091 (274).
97 Mayer, Vorbericht, 4.
98 Ebd., 43.
99 Ebd., 44.
100 Ebd., 8f.
101 Ebd., 15.
102 Ebd., 16.
103 Ebd., 17f. u. 25.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364