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90 | Wasser
Deutlich intensivierten sich die Diskurse zu den städtischen Wasserinfrastrukturen
und zur Qualität des städtischen Wassers ab den 1840er Jahren : Auf der einen Seite
diskutierten Techniker über die Umsetzbarkeit neuer zentraler Infrastrukturen und
stellten bereits verwirklichte Projekte vor. 1840 wurden in der in Wien erschienenen
»Allgemeinen Bauzeitung« die »Wasserleitungen zu Frankfurt am Main, Charenton,
Paris und London« vorgestellt, wobei man einleitend betonte, dass es für »eine Stadt
kaum ein größeres Bedürfniß als gutes und trinkbares Wasser« gebe, »sowohl in Rück-
sicht auf Reinlichkeit und Gesundheit, als auch in Bezug auf Gewerbe und Industrie«.133
In den Folgejahren wurden die Mitte der 1830er Jahre errichtete New Yorker Wasser-
leitung und die Wasserversorgung in Udine beschrieben.134 1843 erschien ein Bericht
über die New Yorker Wasserleitung in der »Linzer Zeitung«, in dem darauf verwiesen
wurde, dass derzeit auch in Marseille eine »ähnliche« Leitung errichtet werde.135 Inte-
ressanterweise wurden in der »Allgemeinen Bauzeitung« erst wieder ab der Mitte der
1850er Jahre städtische Wasserversorgungssysteme thematisiert – dafür dann aber in
zahlreichen Berichten.136
Parallel dazu zeichnet sich ein lokaler bürgerlicher Diskurs zur Qualität des Was-
sers ab. 1847 plädierte ein Artikel im in Linz erschienenen »Österreichischen Bürger-
blatt für Verstand, Herz und gute Laune« für die Filtrierung von Trinkwasser : »Die
Nothwendigkeit eines guten Wassers für jede Stadt liegt außer Zweifel, und doch
ist ein reines und gutes Wasser sehr selten«. Das Wasser enthalte oft »eine Menge
Kalksalze«, die man »mit geringen Kosten« über einen »Filtrirbrunnen« (ein Fass mit
Schichten aus Sand und Knochenkohle) reinigen könne.137 Anfang der 1850er Jahre
führte der Linzer Realschullehrer Edmund Schreinzer eine Trinkwasseruntersuchung
durch, die wesentlich auf einem Aufsatz, der 1850 in den Sitzungsberichten der Wie-
ner Akademie der Wissenschaften veröffentlicht worden war, basierte.138 Schreinzers
»Härtebestimmung des Wassers« wurde 1854 im »Jahres-Bericht« seiner Schule veröf-
fentlicht und damit vermutlich auch durch die lokale Elite rezipiert.139 Schreinzer
ging von der Prämisse aus, dass die »harten Wässer sogar die besten Trinkwasser«,
»vorzüglich tauglich und gesund« seien, und er wählte Wasserentnahmestellen, die
133 Allgemeine Bauzeitung 5 (1840), 39 – 50 ; Zitat auf S. 39.
134 Allgemeine Bauzeitung 6 (1841), 217 – 223 ; Allgemeine Bauzeitung 7 (1842), 5f.
135 LZ, 17.3.1843.
136 1855 Berlin, 1856 Magdeburg, 1858 Liverpool, 1861 London und 1862 Paris – Allgemeine Bauzei-
tung 20 (1855), 260 – 264 ; Allgemeine Bauzeitung 21 (1856), 314f.; Allgemeine Bauzeitung 23 (1858),
202 ; Allgemeine Bauzeitung 26 (1861), 98f.; Allgemeine Bauzeitung 27 (1862), 207 – 223 ; vgl. Schott,
Urbanisierung, 266 u. Lenger, Metropolen, 39.
137 ÖB, 8.10.1847.
138 Es handelte sich dabei um Ignaz Moser, Ueber Th. Clark’s Methode, die Härte des Wassers durch
eine titrierte Seifenlösung zu ermitteln, in : Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften. Mathematisch-naturwissenschaftliche Classe 4 (1850), 484 – 500 ; Clarks Untersuchungen
erschienen 1841 resp. 1847/1849 – vgl. ebd., 485.
139 Schreinzer, Methode ; vgl. Linz und seine Umgebung, 28 u. Stifter, HKG, Bd. 8/3, 221.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364