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100 | Wasser
20 auf die Industrie, 30 auf die Straßenreinigung und 20 auf den Rest (für Kanäle,
Feuerlöschen und Wasserverluste) entfielen. Man müsse also (für 34.000 Einwohner)
4.420 Kubikmeter Wasser pro Tag bereitstellen. Dies sei mengenmäßig über Donau-
wasser relativ einfach zu bewerkstelligen, man müsse aber, da das Wasser »meist so
verunreinigt [sei], theils durch das mitgeführte Geschiebe, theils durch die Abfallstoffe
aus den am Strome und seinen Nebenflüssen oberhalb liegenden Orten«, aufwändige
Filteranlagen errichten, die – wie man in Wien gesehen habe – sehr anfällig und teuer
seien. Die Nutzung von Quellen der umliegenden Hügel sei aufgrund der begrenzten
Kapazität nicht sinnvoll, eine bessere Option bilde das Grundwasser oder eine Fas-
sung der Quellen im nördlich der Donau am Abhang des Mühlviertler Hochlandes
gelegenen Haselgraben. Es bestünden dort viele Quellen, die ein »sehr gutes, weiches,
schmackhaftes Wasser« aufwiesen, auch die höhere Lage sei wegen des Wasserdrucks
ein Vorteil. Problematisch sei hingegen, dass dieses Wasser gewerblich genutzt werde
–
den gewerblichen Bedarf bezifferte Seitz auf beachtliche 25.200
Kubikmeter pro Tag
–,
und das mache das Erkaufen von Wasserrechten resp. Ersatzlösungen notwendig. Ins-
gesamt müsse man die Kosten für ein Wasserleitungsnetz mit 430.000 – 520.000 fl
veranschlagen, wobei jährlich mit 11.000 – 26.000 fl Betriebskosten zu rechnen sei.194
Im April 1881 lag das – vom Gemeinderat bereits im Februar 1877 (!) angefor-
derte – Gutachten des Landessanitätsrates Schiedermayr vor, das deutliche Zusam-
menhänge zwischen der Trinkwasserversorgung und »dem Auftreten und Schwinden
gewisser Krankheitsformen« konstatierte und die unzureichende Qualität des Linzer
Brunnenwassers betonte.195 Schiedermayrs Argumentation war stark von den Über-
legungen des Hygienikers Pettenkofer geprägt, der eine Belastung des Grundwassers
durch eine Verunreinigung des Bodens annahm. Im Gutachten wurde eine Nutzung
des Grundwassers im Gebiet der Traun als mögliche Variante erachtet, wenngleich
Schiedermayr – einmal mehr ist hier das Vorbild Wien sichtbar – eine Quellwasser-
leitung befürwortete.196 Im April 1881 schloss der Gemeinderat einen Vertrag mit
»Corte & Comp.« ab, der die Errichtung einer Wasserleitung auf Kosten des Unter-
nehmens und eine Verwendung von »Quellwasser« am linken Donauufer und den
»Ausschluss« einer Nutzung von Grundwasser vorsah. Wiederum wurde, nachdem
man keine geeignete Quelle gefunden hatte, im Sommer 1883 der Vertrag gelöst.197
Dass der Gemeinderat im Juli 1884 die Errichtung einer durch die Stadt finanzier-
ten Wasserleitung ohne größere Widerstände beschloss, kann auf pragmatische Über-
legungen und eine breitere politische Unterstützung zurückgeführt werden : 1883
wurde – nachdem ein Hochwasser zu Brunnenverunreinigungen und Typhusfällen ge-
führt hatte – durch die Statthalterei (i. e. die Landesbehörde), das Militärkommando
194 AStL, Altakten, Sch. 171 ; vgl. Pichler-Baumgartner, Wege, 240f.
195 Schiedermayr, Sanitätsverhältnisse, 4 u. 19.
196 Ebd., 13 – 15, 20 – 23 u. 25.
197 RB 1881, 71f.; RB 1882, 86 – 89 ; Pichler-Baumgartner, Wege, 45 ; Heller, Wasserversorgung, 10f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364