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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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146 | Zirkulationen und Output ten Alltagsgegenstände nach ihrer Erstnutzung einen erheblichen Wert behalten, was bei den in Verlassenschaftsabhandlungen angegebenen Schätzpreisen sichtbar wird.10 Im Inventar eines im November 1713 verstorbenen Landhaustürwächters wurde ein Livreerock auf 6  fl, einer auf 10  fl und ein Paar Hosen auf 4  fl geschätzt  – dies hätte ausgereicht, um den ausständigen »Zimmerzins« für eineinviertel Jahre zu bezahlen.11 Ein Linzer Bauschreiber hinterließ 1770 unter anderem einen Rock um 12  fl, eine »alte« Weste um 1  fl 30  kr, ein »altes Sommerkleid« um 1  fl 30  kr, einen »bessere[n]« Rock und einen »alte[n]« Mantel zu je 5  fl, zwölf »abgetragene Hemden« zu 1  fl, ein »sauberes« Bett mit Wäsche um 20  fl und Weiteres um 18  fl. Gemessen an den Löhnen der labouring poor12 verkörperten diese Gegenstände erhebliche Werte. Teilweise er- folgte bewusst eine Investition in Gegenstände als Strategie, denn die meisten Dinge  – darunter kann man auch Kleidung rechnen  – waren wertbeständig und relativ einfach zu verkaufen.13 Die von einer Dienstmagd 1781 hinterlassene Kleidung wurde auf einen Wert von 120  fl 24  kr geschätzt, was ungefähr die Hälfte des Gesamtbesitzes ausmachte.14 Hier überstieg der Kleidungsbesitz klar die Menge des Verwend- und »Konsumierbaren«. Praktiken des Wiederverwertens und Weiterverwendens sind tendenziell nur be- dingt sichtbar  – für diese Bereiche bieten Inventare und Ausgabenrechnungen eine Annäherungsmöglichkeit.15 Das Aufbewahren von alten Gegenständen und Materi- alien, teilweise sogar deren Horten, findet sich auch in wohlhabenderen Haushalten und in Institutionen. Das Inventar einer 1754 verstorbenen Gastwirtin erfasst in ei- nem Nebenzimmer sechs »schlechte ordinari Sessel«,16 ein Bestandsinventar des Lam- bacher Stiftshauses aus dem Jahr 1693 dokumentiert zahlreiche »alte« Bettrahmen in peripheren Räumen, dazu einen Kasten mit Messingresten.17 Ein landständischer Beamter hinterließ 1715 nicht nur 1.649  fl 48  kr Bargeld, sondern auch »zwei Pinkel zusammengebunden mit allerlei altem Weißzeug und Leingewand«, eine »schwarze alte Truhe mit allerhand alten Flecken und Fetzen« und im Kellergewölbe eine weitere Truhe mit neuem und altem Eisen.18 Unter dem  – auf rund 30.000  fl geschätzten  – Vermögen eines Stadtrates befanden sich 1731 auch 5  Zentner altes Eisen.19 Derarti- ges ist weniger als Ausdruck zwanghafter Sparsamkeit, sondern als alltägliche Praxis 10 Die dem realen Wert der Dinge oft nahekamen  – vgl. Stöger, Märkte, 32f. 11 LR BIIA29, Reg. 18409 (194 – 196). 12 10  fl als Jahreslohn einer Dienstbotin (LR BIIA33, Reg. 18604 [64 – 74]) resp. 15  kr als Taglohn einer Näherin (LR BIIA24, Reg. 17243 [90 – 101]). 13 Stöger, Märkte, 209f. 14 LR BIIB3, Reg. 1146 (90). 15 Vgl. Stöger/Reith, Tobakier. 16 LR BIIB1, Reg. 144 (115 – 118). 17 LR BIV, Reg. 341 (102 – 116). 18 LR BIIA30, Reg. 18428 (21 – 35). 19 Ebd., Reg. 18492 (149 – 169). Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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