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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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161Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs | anfallen konnten, aber auch die Wasserleitungen produzierten ständig Abwasser, da dauernd Wasser floss. Das an der Stadtmauer gelegene Landhaus leitete offenbar das Regenwasser und das Überwasser der eigenen Wasserleitung in den Stadtgraben ein.129 Wenn Einleitungen fremden Grund tangierten, dann war dies an die Zustimmung des Besitzers gebunden. Wie konfliktreich dies sein konnte, ist für das 18.  Jahrhundert nicht abzuschätzen, da Stadtratspro+tokolle und städtische Akten für diese Zeit nicht überliefert sind. Zumindest ein Konflikt ist andernorts aktenkundig geworden : 1711 war der Magistrat Linz gegen die Überleitung von Wasser aus dem Karmeliterkonvent in einen Wassergraben auf dem Kapuzinerfeld aufgetreten, was schließlich in wechsel- seitigen Beleidigungen und der Verhaftung eines Klosterdieners resultierte.130 1716 erhielt das neben dem Landhaus gelegene Minoritenkloster durch den Magistrat die Erlaubnis, das Überwasser durch die Stadtmauer in den Stadtgraben einzuleiten.131 Unklar ist, ob der Stadtgraben damals über eine direkte Verbindung mit der Donau verfügte  – da das Gerinne der Ludl, die mit der Donau verbunden war, vom Ende des Stadtgrabens nur rund 50 bis 60  Meter entfernt lag, ist dies durchaus vorstellbar, Be- lege dafür gibt es jedoch keine.132 Zumindest im letzten Drittel des 18.  Jahrhunderts wurden Abwässer im Stadtgraben entsorgt, aber wohl nur aus einzelnen Häusern : 1773 beklagte der ständische Syndikus gegenüber der Stadt Linz den »unleidentliche[n] Geschmache« (Gestank) und verlangte eine Lösung, die offenbar in Form von Senk- gruben erfolgte, deren Errichtungskosten den Hausbesitzern verrechnet wurden.133 Als in den 1790er Jahren der Besitzer eines am Beginn des oberen Grabens gelegenen Gasthauses einen »Ausfluß von seinen Priveten und vom Brunnwasser in seine ganz unhal[t]bare Mistkrippe und durch selbe in den ständi(schen) Grabengarten« anlegen hatte lassen, wurde dies mit dem Hinweis untersagt, dass bereits die Baubewilligung im Jahr 1784 an die Anlage einer Senkgrube und die Ableitung des Abwassers »in die dortige Wasserrunzen oder Rinnsal« gebunden worden sei.134 Bei gewerblichen Abwässern gab es häufig eine räumliche Lösung : Man nutzte zur Entsorgung zumeist direkt Wasserläufe, was oftmals Fleischhauer, Gerber und Färber 129 LR BIIG3, Reg. 1537 (17). 130 LR E1h, Reg. 5194 (108) ; vgl. LR BVI2, Reg. 1016 (6 – 15). 131 LR E1g, Reg. 331 (141) ; LR BIIG3, Reg. 1537 (17) ; vgl. zur Entsorgung über die Stadtgräben in Frankfurt : Bauer, Bauch, 82 – 84 u. 97 – 99 u. für Münster : Historischer Umweltatlas Münster, 26 u. 30. 132 Auch die Stadtansichten des späten 17. und frühen 18.  Jahrhunderts (Schmidt, Linz, Tafeln 8, 12 u. 17) und der Knittel-Plan aus den 1730er Jahren (OÖLA, Karten- und Plänesammlung, V/3) zeigen keine oberirdische Verbindung. 133 OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 84, D.XIV.2/No.  196 ; ebd., Sch. 90, D.XV.2/No.  3 ; ebd., Sch. 96, D.XV/3, No.  10 ½ ; der Plan eines Landschaftsingenieurs aus dem Jahr 1800 konstatierte für den Stadtgraben »mehrere Senkgruben«, die man aber nicht erfasst habe, »weil man ihre Lage nicht finden konnte[,] indem alles uberschwemmet ist« (OÖLA, Karten- und Plänesammlung, VI/26) ; auch 1801 war der Grabenabschnitt zwischen Minoritenkloster und Schmiedtor angeblich »voll des Un- raths« (OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 96, D.XV/3, No.  21/11). 134 OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 92, D.XV.2/No.  135. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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