Page - 188 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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188 | Fluviale und aquatische Räume
zur Errichtung eines Lagerplatzes für vermutlich 600 – 700 Soldaten kam, hängt mit
den offensichtlichen Vorteilen für beide Seiten – die Stadt Linz wie das Militär resp.
den Staat – zusammen : Die Insel lag in logistischer Hinsicht optimal, sie konnte –
etwa beim Ausbruch von Seuchen oder im Kriegsfall – gut kontrolliert und isoliert
werden, gleichzeitig bildete das Insellager eine relativ kostengünstige Lösung. Gegen
eine jährliche Zahlung verpflichtete sich die Stadt zur Errichtung der Baracken und
einer Schiffbrücke, die im Herbst wieder abgebaut und eingelagert wurden. Dieses
Soldatenlager ist bis in die 1780er Jahre belegbar, zeitweilig gab es auch eine fixe Holz-
brücke, die die Insel mit dem Ufer bei der Wollzeugfabrik verband und die vermutlich
bis zu den großen Hochwasserereignissen des Jahres 1786 bestand.18
Wenngleich die Insel regelmäßig von Überschwemmungen betroffen war und einen
temporären Aufenthaltsort von mehreren hundert Soldaten bildete, ist dennoch eine land-
wirtschaftliche Nutzung belegt. Für die 1720er und 1730er Jahre sind Entschädigungs-
zahlungen dokumentiert, die den Pächtern auf der Insel – in den 1730er Jahren wird das
große Gehöft des Lenzlbauern genannt – für nicht eingebrachtes Heu und Grünfutter
gewährt wurden.19 Das »Josephinische Lagebuch« der 1780er Jahre verzeichnete als Be-
sitzer der »Soldaten-Au« die Stadt Linz (4,6 Hektar) und einen Linzer Fleischhauer
(1,3 Hektar), für beide wurden als Erzeugnisse Grünfutter und Heu angegeben, wobei
der Fleischhauer darauf verwies, dass er aufgrund der Überschwemmung erhebliche Ern-
teverluste gehabt habe.20 Im April 1789 bezeichnete die Wiener Hofkammer die Insel
als einen »fast öden Grund«,21 aber dennoch scheint die landwirtschaftliche Nutzung –
anders als die militärische – fortgedauert zu haben. Als Besitzerin der Insel nennt der
»Franziszeische Kataster« Magdalena Strasser, die vermutlich als Obsthändlerin nahe
der Insel im Wörth wohnte und auf die sich die im 19. Jahrhundert gebräuchlichen Be-
zeichnungen »Strasserau« und »Strasserinsel« zurückführen lassen. Interessanterweise
zeigen der Kataster und das dazugehörige Kartenmaterial (die »Urmappe«) eine inten-
sivere Nutzung als im 18. Jahrhundert : Es wurden 4,1 Hektar Wiesen und Obstbäume,
7,7 Hektar auwaldartiger Bewuchs (»Stangenholz« und »Jungmais«), sogar ein Gemüse-
garten mit 450
Quadratmetern und Äcker mit einer Fläche von 1,2
Hektar erfasst. Dazu
gab es ein kleines Wohn- und Wirtschaftsgebäude auf der Insel.22 Auch ein Stadtplan
18 LR BIIA35, Reg. 18901 (123) ; LR BIIA39, Reg. 19457 (121) ; LR BIIA40, Reg. 19711 (116f.) ; ebd.,
Reg. 19712 (117) ; ebd., Reg. 19713 (117 – 119) ; LR CIIIG, Reg. 601 (150f.) ; LR BIIA7, Reg. 10267
(233) ; Gimpel Insel, 107 ; Awecker, Bruckamt, 193f. u. 204 ; es haben sich zwei Baupläne der »Aubrücke«
aus den 1770er Jahren erhalten : Österreichisches Staatsarchiv, Finanz- und Hofkammerarchiv, Sonder-
bestände, Sammlungen und Selekte, Karten- und Plansammlung, G 045/1 u. 2.
19 LR BIIA4, Reg. 5296 (161) ; ebd., Reg. 5299 (161) ; ebd., Reg. 5409 (182) ; ebd., Reg. 5661 (230) ; LR
BIIA5, Reg. 6053 (39) ; ebd., Reg. 6955 (196).
20 Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 1, 330 u. 350f.
21 LR CIIID1 – 3, Reg. 193 (144f.).
22 Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 1, 756f.; vgl. Verzeichniß 1825 (Konskr.-No.
334 u. 1141) ; Kreczi, Häuser-
chronik, 173 ; Mapire, Franziszeischer Kataster.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364