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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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208 | Geordnete und modifizierte Umwelt für Taglöhner deren Tätigkeit nicht näher bezeichnet wurde. Bereits eine Bauamts- rechnung aus den 1640er Jahren verzeichnete Taglöhner, die Straßen reinigten, und die Bezahlung »alte[r] Frauen«, die nach dem Ostermarkt die Stadt »auskehr[t]en«.25 Rund hundert Jahre später  – die Bauamtsrechnungen sind erst wieder ab den 1740er Jahren überliefert  – finden sich vergleichbare Einträge : Anlässlich des Oster- und Bar- tholomäimarktes bezahlte die Stadt 1750 »denen armen Leuthen wegen Sauberung des Blazes« insgesamt bescheidene 4  fl,26 deutlich teurer, damit umfangreicher, waren die zahlreichen Fuhrdienste mit Kehricht und Schotter.27 Es dominierten also eher anlassbezogene Ad-hoc-Regelungen, die auf eine Herstellung von Sauberkeit in visu- eller Hinsicht abzielten : Vor einem kurzen Linz-Aufenthalt des Kaisers im Jahr 1732 ordnete die Landesregierung Straßenreparaturen und reinigungen an.28 Deutlich häufiger taucht das Thema der Sauberkeit in den Quellen aus dem letzten Drittel des 18.  Jahrhunderts auf : Zwar ging es einerseits immer noch um die Her- stellung einer visuellen Ordnung, die auch die Umgestaltung städtischer Räume mit einschloss (vgl. Kap.  7. Geordnete und modifizierte Umwelt), andererseits verstärkten sich die hygienischen Implikationen abseits von Krisen, also im Alltag. Signifikant sind für diese Zeit das Ineinandergreifen von  – wie es Lefebvre bezeichnete  – »nahen« (d. h. privaten, lokal-inviduellen) und »fernen« (d. h. staatlichen oder überregional-dis- kursiven) Idealen von Sauberkeit (vgl. dazu Kap. 1). Aus der »Ferne« kam der Diskurs über innerstädtische oder stadtnahe Friedhöfe : Bereits um die Mitte des 18.  Jahrhun- derts wurde die Frage der »Vorsicht« beim Begraben der städtischen Toten intensi- ver diskutiert  – deutlich stand hier erneut das Misstrauen gegenüber schlechten und krankmachenden Gerüchen im Vordergrund.29 In Linz war im 16.  Jahrhundert ein Friedhof an der Landstraße südlich der inneren Stadt angelegt worden, der sich somit damals an der Peripherie befunden hatte, aber bis ins späte 18.  Jahrhundert von der vorstädtischen Bebauung erreicht wurde.30 Der Linzer Friedhof liege »so nahe an der Stadt, und mitten unter den Häusern«, monierte eine 1783 erschienene Satire  – »Das kann ohnmöglich den [sic] Luft rein und gesund lassen.«31 Im Sommer 1784 ordnete, was augenscheinlich mit medizinisch-hygienischen Überlegungen zusammenhing, ein kaiserliches Mandat die Verlegung von Friedhöfen und Grüften in unbewohntes Ge- biet an.32 In Linz wurde eine weit außerhalb der Vorstädte liegende, landwirtschaftlich genutzte Fläche angekauft, die man ab Herbst 1786 als »allgemeinen« städtischen 25 Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 1, 337. 26 AStL, HS 389 (Bauraittung 1750), pag. 108. 27 Ebd., pag. 105. 28 LR BIIG5, Reg. 2536 (27) ; LR BVII4 u. 5, Reg. 3623 (1175). 29 LR E1f, Reg. 373 (145f.) ; Macher, Handbuch, Bd. 1, 111 – 129 u. 142 – 144 ; vgl. Lesky, Gesundheitswe- sen, 188 – 191 u. Clark, Cities, 213. 30 Mayrhofer, Linz, unpag.; Pillwein, Beschreibung, 150f. 31 Gimpel Insel, 31f. 32 Luca, Landeskunde, Bd. 2, 427 ; vgl. Reichert, Pest, 343. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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