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Sauberkeit |
breiteren Diskussionsprozess an, in dem man städtische Unsauberkeiten thematisierte
und zu derer Beseitigung aufrief. Im Mai 1865 forderte ein Leserbriefschreiber, dass
sich der Verschönerungsverein nicht nur der Umgebung der Stadt zuwenden, sondern
sich um Linz selbst
– explizit genannt wurden die staubigen Straßen
– kümmern solle.85
Die »permanenten Misthaufen an dem Ablagerungsplatze hart ober der Donaubrücke«,
so in einem anderen im folgenden Monat erschienenen Leserbrief, würden die Bemü-
hungen des Verschönerungsvereins konterkarieren : Sie »gewähren kein freundliches
Bild ; warum werden die dort beschäftigten Arbeiter nicht angewiesen, den zusammen-
geführten Kehricht gleich in den Strom zu schaufeln ?«86 Wenige Tage später verwies
ein Mitglied des Verschönerungsvereins auf den Umstand, dass man nun als »beson-
ders schmutzig und verwahrlost bekannte Häuser« am Schullerberg renoviere, was den
»besten Eindruck auf alle Vorübergehenden« machen werde.87 In der Folge beklagte
man die »Kloacke« im Donauarm (vgl. Kap. 6. Fluviale und aquatische Räume),88 das
nichtrepräsentative Aussehen der hölzernen »Fischhütten- Baracke« in der Stadt und
anderer Baulichkeiten, das Nichtfunktionieren des »Springwasserwerk[s]« am unteren
Hauptplatzbrunnen und den »massenhaft[en] […] Unrath aller Art und Straßenkeh-
richt« bei der Kollegienkaserne.89 Völlig ohne Auswirkungen waren diese Diskussio-
nen offenbar nicht : Als 1866 in einem Leserbrief Unsauberkeiten in einer Urfahrer
Gasse beklagt wurden, verwies der Schreiber gleichzeitig darauf, dass »vor Kurzem in
der Nähe […] eine Warnungstafel angebracht ward, auf welcher zu lesen steht, daß
die Verunreinigung dieses Ortes bei Strafe verboten sei«.90 Zudem brachte der Ver-
schönerungsverein regelmäßig Eingaben im Gemeinderat ein, dem ohnehin Vereins-
mitglieder angehörten.91 Für die letzten drei Jahrzehnte des 19.
Jahrhunderts zeichnen
sich im Hinblick auf die städtische Sauberkeit aber keine tiefen Brüche ab, wenngleich
die städtischen Aktivitäten in diesem Bereich weiterhin zunahmen : Zum Ende der
1870er Jahre beschäftigte die Stadt im Sommer 80 und im Winter 120 Taglöhner,92
1879 wurden durch die Stadt insgesamt über 42.000 fl (ÖW) für »Erhaltung, Repa-
ratur und Säuberung« der Straßen und Plätze ausgegeben.93 Nur rund 2.100 fl finan-
zierten die Anrainer über »Trottoirbeiträge«, der Rest kam aus allgemeinen Steuern
und Abgaben.94 Die Dualität von privater und städtischer Zuständigkeit bestand über
85 LTP, 23.5.1865.
86 LTP, 22.6.1865.
87 LTP, 25.6.1865.
88 LTP, 28.6.1865.
89 LTP, 31.10.1865.
90 LTP, 11.8.1866.
91 Vgl. LTP, 20.6.1866 u. LAB, 21.6.1867.
92 RB 1876 – 1878, 82.
93 RB 1879 – 1880, 102.
94 Ebd., 112.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364