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224 | Geordnete und modifizierte Umwelt
wurde in einem 1809 erschienenen Reisebericht angemerkt.162 Tatsächlich fehlte, wenn
man von der Promenade absieht, in Linz ein dem Wiener Prater, dem Berliner Tiergar-
ten oder dem Pariser Tivoli vergleichbares Areal.163 Erst in den 1820er Jahren wurden
an der südlichen Peripherie der Stadt zwei Parkanlagen etabliert : Am heutigen Schil-
lerplatz entstand beim Militärerziehungshaus als Privatinitiative eines ranghohen Mi-
litärs ein »Vergnügungsgarten«, der aber offenbar nicht lang existierte.164 »Man wandelt
zwanglos unter Blumendüften in demselben«, so die zeitgenössische Beschreibung von
Benedikt Pillwein.165 1828 wurde durch den Urfahrer Kaffeehausbesitzer Bartholomä
Festorazzi ein »Volksgarten« mit »acht schöne[n] Partien« auf Äckern bei der Land-
straße errichtet, der im Folgejahr eröffnet wurde (zur Lage vgl. Abb.
6). Es war ein kom-
merzielles Projekt : Der Eintritt für die ganze Saison kostete für Erwachsene 1
Gulden,
was ungefähr drei Taglöhnen entsprach und damit nicht gerade günstig war.166 Schon
am Namen erkennt man die Nähe zum Wiener Pendant, das selbst wiederum auf der
seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert laufenden »Volksgarten«-Diskussion basierte
und unter Franz I. zwischen 1819 und 1823 anstelle der gesprengten Befestigungen
südwestlich der Stadt bei der Hofburg entstand167
– im Hinblick auf die Ausgestaltung
bildete eher der Wiener Prater mit seinen Attraktionen und gastronomischen Ange-
boten ein Vorbild.168 Nach anfänglichen Erfolgen scheinen sich die Einnahmen, die
Festorazzi mit seinem Garten lukrierte, reduziert zu haben : Schon 1830 unterbreitete
der Kaffeehausbesitzer den Ständen ein Übernahmeangebot, schließlich gewährte die
Landesverwaltung der Witwe des 1835 verstorbenen Festorazzi zwischen den Jahren
1847 und 1852 eine jährliche Subvention in der Höhe von 400 fl.169
1850 hatte die Stadt das Angebot, den Volkgarten zu erwerben, abgelehnt, da dafür
»kein Grund vorhanden« sei.170 Sieben Jahre später
– zwischenzeitlich war das dortige
Grundstück sogar als Standort eines neuen »allgemeinen« Krankenhauses vorgesehen
gewesen (vgl. Kap. 9. Epidemie) – kaufte die Stadt Linz 1857 jedoch den Volksgarten
und eröffnete ihn im folgenden Frühjahr als unentgeltlich zugänglichen Park.171 Da-
mit trat erstmals die Stadt als Besitzer und Unterhalter einer Grünanlage auf, was zu
dieser Zeit keineswegs unüblich war : In England gab es in den 1840er Jahren einen
162 Mader, Reise, 15.
163 Vgl. EdN, s.v. Park.
164 Kreczi, Linz, 89.
165 Pillwein, Beschreibung, 149f.
166 LZ/IB, 24.4.1829.
167 Vgl. zu den Kontexten : Hajós, Stadtparks, 33 – 46.
168 Kunstdenkmäler, Bd. 2, 285f.; Leonhartsberger, Freizeiträume, 73 ; Hajós, Stadtparks, 61f.; im Frühjahr
1856 konnten dort z. B. eine »Wunder-Dame« und »Vorstellungen in der höheren Magie« besichtigt
werden (LZ, 5.5.1856).
169 Leonhartsberger, Freizeiträume, 73f.; OÖLA, Musealarchiv HS 178 (Geschichte der Stadt Linz von
Ignaz Fink, Bd. 1, undat.), pag. 775f.
170 GRP 1850, fol. 212a.
171 ÖB, 20.1.1854 ; Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 2, 144 ; Fink, Geschichte, 196.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364