Page - 234 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Image of the Page - 234 -
Text of the Page - 234 -
234 | Natur der Städter – Natur für Städter
verlief. Das größte staatliche Gebäude in Linz, die Wollzeugfabrik, verfügte vermutlich
ab dem Sommer 1784 über einen »Wetter Ableiter«,20 das ständische Theater ab dem
Frühjahr 1805,21 für die Wasserkaserne und das Brauhaus, die in städtischem Besitz
waren, wurden erst 1807 Ausgaben für Blitzableiter verzeichnet.22 In den ersten Jahr-
zehnten des 19.
Jahrhunderts scheint der Blitzableiter in Linz bereits stärker verbreitet
gewesen zu sein. Eine 1812 erschienene Stadtbeschreibung konstatierte »viele Häuser«
mit Blitzableiter, besonders in den Vorstädten : »Der Aufseher des [physikalischen]
Musäums Herr P[ater]. Hösel, ist dafür bekannt, sehr wirksame Wetterableitungen
anzulegen.«23 Zwar seien Gewitter in Linz selten, so in einer Reisebeschreibung aus
dem Folgejahrzehnt, es bestehe aber kein Mangel an »Wetterableitern«.24 Gleichzeitig
ist von einem teilweisen Fortbestehen älterer Praktiken auszugehen : In den 1830er
Jahren kam es auf Bitte von zwei Bauern in einer Linzer Kirche zu »Bethstunden zur
Erflehung eines günstigen Aerndte-Wetters«25 und noch in den letzten Jahrzehnten
des 19.
Jahrhunderts finden sich Belege für das Wetterläuten. Eine Linzer Zeitung war
1872 davon überzeugt, dass alles »eher abgestellt werden kann, als das leidige ›Wet-
terläuten‹ auf dem Lande«. Falls »heute Jemand beim ›Wetterläuten‹ erschlagen wird,
so wird morgen wieder ›wettergeläutet‹, wenn es auch noch so sinnlos und gefährlich
ist«.26 Das Gewitterläuten, so räumte man im »Linzer Diözesanblatt« 1892 ein, habe
sich trotz der Verbote »theilweise auch in der Diöcese Linz, bis auf heute erhalten«.27
Begleitet wurden diese Veränderungen von einem zunehmenden wissenschaftlichen
Interesse an der Meteorologie, das sich ebenso in Linz manifestierte.28 Wenngleich
einzelne Wetteraufzeichnungen für Linz auch für die Zeit vor dem 18. Jahrhundert
überliefert sind (z. B. im frühen 17. Jahrhundert vom Astronomen und Mathematiker
Johannes Kepler), setzten regelmäßige Beobachtungen, nun mit Instrumentenmessun-
gen, erst nach den 1750er Jahren ein.29 Für diese Zeit gibt es auch zahlreiche Hinweise
auf den Besitz und die Verfügbarkeit von Thermometern und Barometern in Linz :30 Es
20 LR CIIIG, Reg. 1209 (324f.).
21 LR BIIA42, Reg. 20128 (64f.).
22 AStL, HS 128 (Kammeramtsrechnung 1807), fol. 50a ; vgl. Reith, Umweltgeschichte, 88f. u. Hochadel,
Wissenschaft, 145 – 167.
23 Heinse, Linz, 1. Aufl., 16.
24 Schultes, Donau-Fahrten, 110f.
25 LZ/IB, 4.4.1834.
26 LTP, 28.5.1872.
27 Linzer Diözesanblatt 38 (1892), 143 ; vgl. zu den Widerständen und Kontinuitäten in Salzburg : Schind-
ler, Konflikte, 112 – 117.
28 Vgl. EdN, s.v. Wetterbeobachtung u. Klima ; Hochadel, Wissenschaft, 105 – 107.
29 Lauscher et al., Witterung, 15 – 34 ; vgl. zu Wien Brunner/Schneider, Umwelt, 302 u. allgemein White/
Pfister/Mauelshagen, Handbook, 83 – 89.
30 Erstaunlicherweise wurde in den Rechnungen des Deutschen Ordens bereits 1724 der Ankauf eines
»doppelten« Barometers verzeichnet – LR CIIIH4, 851 – 856.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364