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236 | Natur der Städter – Natur für Städter
Jänner 1810) durchgängig bis zum Ende der Aufzeichnungen mit Februar 1833 – ver-
mutlich von Haslinger selbst – notiert wurden. Dies weist deutlich Anklänge an die
überregiona len meteorologischen Netzwerke auf, die seit dem frühen 18.
Jahrhundert in
Westeuropa entstanden waren und zur Standardisierung von Wetterbeobachtungen bei-
trugen.41 Hinweise darauf, dass Haslinger Teil dieser Korrespondenznetze war, finden
sich in den Tagebüchern aber nicht. Es fehlen ebenso religiöse oder metaphysische Deu-
tungen, Blitzeinschläge hielt der Pfarrer Haslinger sachlich und ohne weitere Bewertung
ebenso wie das epidemische Auftreten der Pocken in den Jahren 1799 und 1805 fest,42
nur anlässlich der guten Ernte des Jahres 1818 (nach den Missernten und der Teuerung
der Vorjahre
– vgl. Kap.
10. Versorgungskrise) und der 1831 in Linz nicht aufgetretenen
Cholera (vgl. Kap. 9. Epidemie) wurde »Gott innigster Dank« ausgesprochen.43
Ein wesentlicher Impetus Haslingers und anderer Beobachter war der Wunsch,
Regeln des Wettergeschehens zu identifizieren und auf dieser Basis eine empirisch
fundierte Wetterprognostik entwickeln zu können.44 Ein derartiger Prognoseversuch
findet sich in der »Linzer Zeitung« nach dem überdurchschnittlich kühlen und nie-
derschlagsreichen Frühjahr und Sommer 181645 für den Herbst 1816 und das Früh-
jahr 1817 : »Der Oktober wird sich dießmal meistens durch trockne und angenehme
Herbstwitterung auszeichnen. Mit dem Anfang Novembers ist zwar etwas vermischte
Witterung zu erwarten, es wird aber die trockene bis gegen den 20. noch vorherrschen.
Bis dahin ist wenig oder nichts von Kalte zu fürchten. Vom 20 bis 29. Nov. vermischt
und kalt, aber mehr trocken als feucht. In diesem Zeitraum wird sich der erste Schnee
sehen lassen. […] Zwischen dem 8. und 14. März ist nach und nach Thauwetter zu
erwarten, wobei es aber mehr trocken als naß seyn wird.«46 Tatsächlich war der Herbst
nicht so niederschlagsreich wie der vorangegangene Sommer, die ersten beiden Mo-
nate des Jahres 1817 waren überdurchschnittlich warm, die folgenden Monate aber
relativ kalt und der April überdurchschnittlich kalt.47 Somit spiegelte eine derartige
Wetterprognose wohl eher ein Wunschdenken wider, wie auch die »Vermuthliche
Witterung«, die im April 1817 veröffentlicht wurde : »Es läßt sich also hoffen, daß ein
fruchtreicher Sommer der niedergedrückten Menschheit wieder aufhelfen werde.«48
Fortlaufende und standardisierte Wetterbeobachtungen setzten in Linz aber erst ab
der Mitte des 19. Jahrhunderts ein.49 Zeitweilig war Adalbert Stifter ebenso ein all-
41 EdN, s.v. Wetterbeobachtung.
42 HTb 1812, 22.8. u. 31.8.; HTb 1799, Fruchtbarkeit ; HTb 1805, Fruchtbarkeit.
43 HTb 1818, Fruchtbarkeit ; HTb 1831, Fruchtbarkeit.
44 EdN, s.v. Klima, Meteorologie u. Wetterbeobachtung.
45 Lauscher et al., Witterung, 74f.; vgl. Kap. 10. Versorgungskrise.
46 LZ, 11.10.1816.
47 Vgl. HISTALP u. Kap. 10. Versorgungskrise.
48 LZ, 4.4.1817.
49 Lauscher et al., Witterung, 87 – 89 ; Topitz, Geschichte, 540 ; Schwab/Schwarz/Wenzel, Beobachtungen,
14 ; Zotl, Geschichte, 54f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364