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243Naturraum
Um- und Hinterland |
nis aus dem Jahr 1771 wurde der Jägermayr bereits als »Gastgebergütl« bezeichnet.102
Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde zudem das ca. 12 Kilometer nördlich von
Linz und 700 Meter höher gelegene Kirchschlag zu einem Kur- und Ausflugsort der
städtischen Elite. Einerseits suchte man die dortige Heilquelle auf (vgl. Kap. 3. Was-
ser), andererseits wurde auch die Luft zu einem Besuchsmotiv : »Die Lufft ist da so
gesund«, versprach man in einer zeitgenössischen Werbeschrift.103
In den Reiseberichten, deren Zahl im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts und zu
Beginn des 19. Jahrhunderts deutlich anstieg, war das Lob des grünen Umlandes om-
nipräsent. Dass man die »Gegend« bei der Stadt als »ungemein angenehm« empfand,104
hing möglicherweise mit den topogenen Erfahrungen der nach Linz kommenden Rei-
senden zusammen : Wenn man donauaufwärts oder über den Landweg von Süden Linz
erreichte, dann war man zumindest für mehrere Stunden in flacher, relativ unspekta-
kulärer Landschaft unterwegs gewesen, donauabwärts kam man aus der Enge des Do-
naudurchbruches in »ein ungemein schönes Amp[h]itheater«,105 bei einer Annäherung
aus dem Norden lag Linz weit unterhalb in einer »reizende[n] Ebene«, die sich bis zu
den Bergen erstreckte, die das Alpenvorland begrenzten.106 Die Donau war ein wichti-
ges visuelles Element der »herrlichen Gegend«,107 sie gab »dieser schönen Landschaft
noch mehr Pracht, Leben und Mannichfaltigkeit«.108 Als Mary Wollstonecraft Shelley
im September 1842 von Budweis mit der Pferdeeisenbahn nach Linz kam, erlebte sie
»glorious sunset« oberhalb von Linz und war von der Aussicht beeindruckt : »The pro-
spect was extensive ; varied by the lines of wooded hills and majestic mountains […].
The Danube wound through the varied plain below […] giving that life and sublimity
to the landscape«.109 Ähnlich euphorisch waren viele Stadtbeschreibungen und Reise-
handbücher : Man pries »lachende Hügel«, »Felder, Wiesen und Gruppen von Bäumen
im manchfaltigsten Grün«,110 »alles dieses gewähret dem forschenden Auge einen so
ergreifenden Anblick«.111 Das Umland bilde »die schönsten Parks«, wurde in einem in
den 1820er Jahren erschienenen »Handbuch für Reisende auf der Donau« konstatiert :
Die Hügel im Norden, die Auen im Osten und Süden, die »Felsenwände und Nadel-
wälder« im Westen bieten »Abwechslung von Spaziergängen«, deshalb müsse man
»die Linzer entschuldigen, wenn sie keine Parks oder öffentliche Gärten im englischen
102 Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 2, 740 ; Benesch, Freinberg, 139.
103 Mayer, Vorbericht, 5.
104 Burney, Tagebuch, 141.
105 Risbeck, Briefe, 177.
106 Hoff, Skizze, 9f.; vgl. Gober, Linz, 155 – 157.
107 Füssel, Tagbuch, 241.
108 Risbeck, Briefe, 177.
109 Wollstonecraft Shelley, Rambles, 19f.
110 Heinse, Linz, 1. Aufl., 5.
111 Pillwein, Beschreibung, 85.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364