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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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255Die letzte Pest | anlässlich des im August stattfindenden Bartholomäusmarktes über einen Ausschluss von Händlern und Besuchern aus von der Pest betroffenen Gebieten (Regensburg und Innviertel) und von jüdischen Händlern aus Böhmen und Mähren nach.13 Auf Anord- nung der Wiener Sanitäts-Hofkommission wurde der Bartholomäusmarkt schließlich abgesagt, wobei aber dennoch der Verkauf in Gewölben für einzelne auswärtige Händ- ler und die Abhaltung der »Zahlwoche« erlaubt wurden. Zudem wurden Quarantäne- regelungen (»Kontumaz«) vor der Stadt und an den Landesgrenzen in Kraft gesetzt.14 Die vermutlich in den 1760er Jahren entstandene »Seyringer-Chronik« beschreibt diese ersten Maßnahmen : Die Zugänge zur Stadt und zu den Vorstädten wurden »mit Pallisaden […] und nötiger Wacht um und um besetzt«, die »verstorbenen Personen genau visitiert, die mit verdächtigen Zeichen befunden[,] in dem Lazarett begraben, die Häuser gesperrt, die noch gesunden Armen in die Donauinsel übersetzt, denen Armen in [Urfahr …] Brot und Almosen ausgeteilt, zu Abwendung dieses Übels öf- fentliche Andachten angestellt«.15 Die ersten Pestfälle traten Ende September 1713 in Urfahr auf und ab Ende Oktober gab es Pestkranke in der Linzer Vorstadt, die ins Lazarett im Wörth gebracht und dort behandelt wurden. Insgesamt waren es in Linz zu dieser Zeit wohl unter zehn Betroffene. Zudem bestanden, vermutlich in der Nähe des Lazarettes, ein Quarantänehaus und der Pestfriedhof.16 Die konkreten Aktivitäten der Stadt sind schwer abzuschätzen, da weder Stadtratsprotokolle noch die städtischen Ausgabenrechnungen aus dieser Zeit vorhanden sind. In den 1720er Jahren, als sich die Stadt Linz zu ihren Schulden äußerte, wurden jedoch 7.000  fl »Kontagionsunkos- ten« angegeben.17 Für Anfang November lässt sich ein gewisser Optimismus in den Berichten der ständischen Ärzte erkennen, da keine neuen Pestfälle in Linz aufgetreten waren.18 Doch dann kam es zu weiteren Erkrankungen, zuerst in einem Haus (vermutlich an der Landstraße), das bereits wegen eines Pestfalles gesperrt worden war, und zu einem Todesfall in der westlichen Vorstadt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 25 Personen, darunter 5 Kinder, in Quarantäne.19 Mitte November gab es in Linz keine neuen Er- krankungen, von den sich in Quarantäne befindlichen Menschen wies niemand mehr Symptome der Pest auf, im Lazarett waren von vier oder fünf Erkrankten bereits drei 13 OÖLA, Weinberger Archivalien, Sch. 58, No.  1 : Bei den jüdischen Händlern »gibts allerhandt beden- ckhen wegen der disen Volkh angeartheten Vnsauberkheit, Wuecher, und geiz«, so die Landstände in einem Bericht an den Kaiserhof  – vgl. zu den antijüdischen Stereotypen und den Kontexten : Stöger, Märkte, 164f. u. 237f. 14 OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 1220, J.III.2/No.  24 ; LR BIIA4, Reg. 4697 (52) ; LR BIIG3, Reg. 2140 (195) ; LR E6 (»Seyringer-Chronik«), 108f. 15 LR E6 (»Seyringer-Chronik«), 108f. 16 OÖLA, Weinberger Archivalien, Sch. 58, No.  1 ; OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 1220, J.III.2/No.  22. 17 LR BIIG4, Reg. 2397 (125 – 133). 18 OÖLA, Weinberger Archivalien, Sch. 58, No.  1  – Berichte liegen für November und Dezember 1713 vor. 19 Ebd.; vgl. LR BIIA39, Reg. 19457 (121). Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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