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und nahe Cholera |
tradiertes Element der Pestabwehr zurück : Ab dem 19. August gab es Betstunden
in den Pfarrkirchen, zudem auch Gebete im Karmeliterkloster.123 Mit dem Ende der
Choleraerkrankungen scheint eine Rückkehr zum Alltagsleben relativ schnell erfolgt
zu sein, wie eine Zeitung bereits am 1. Oktober berichtete : Am regen Besuch der
Promenade und der Linzer Naherholungsgebiete erkenne man, dass nun »wieder Hei-
terkeit und Geselligkeit aufzuleben« beginne.124 Die zwei Wochen später erfolgte »fei-
erliche Prozession« mit »Tausende[n] von Andächtigen« von der Stadtpfarrkirche zur
Dreifaltigkeitssäule – »zum Danke für die glückliche Abwendung der Cholera-Epi-
demie« – trug deutliche Züge der Pestbewältigung.125 Trotz der wieder eingetretenen
Normalität wirkte die Cholera in den Diskussionen fort : Immerhin war seit der Pest
1713 »der Todesengel mit keinem so verheerenden Schritte durch die Straßen unserer
Landeshauptstadt« gezogen wie in den letzten Wochen, wurde in einem Zeitungsarti-
kel Ende September 1855 betont.126 Deutlich habe man »gerade« während der Epide-
mie, wohl, da die Choleraspitäler bald ihre Kapazitätsgrenzen erreicht hatten,127 »das
Bedürfnis« eines »allgemeine[n] Linzer-Krankenhaus[es]« verspürt.128 Und tatsäch-
lich erhielten die – ins Stocken geratenen – Krankenhausplanungen nach der Cholera
einen neuen Schub. 1856 wurde das Krankenhaus zu einer von der Gemeinde und
dem Land Oberösterreich gemeinsam finanzierten Landesanstalt ; als Bauplatz war
zunächst der Volksgarten vorgesehen, dann – da die als ideal erachtete freie Lage auf-
grund des Bahnhofsbaus nicht mehr gegeben sein werde – entschied man sich für ein
Grundstück an der östlichen Peripherie, das aber erst 1859 angekauft wurde. Erneut
verzögerte die Frage der Finanzierung (und wohl auch die Absenz von Epidemien)
den Baubeginn : Im Jänner 1863 erklärte der Landtag das Krankenhaus zum städti-
123 Fink, Geschichte, 191 ; LR E1d, Reg. 4164 (174f.).
124 LAB, 1.10.1855.
125 LAB, 15.10.1855 ; vgl. Pfister, Bevölkerungsgeschichte, 41.
126 LAB, 29.9.1855.
127 Stadler, Armee-Spital, 88.
128 LAB, 1.10.1855.
Abb. 31 : Individuelle Seuchenpro-
phylaxe in Zeiten der Cholera –
Annonce in einer Linzer Zeitung
für »Retiraden-Pulver«, 1855
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364