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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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272 | Epidemie fürchtete.145 Eine »rathlose Angst« vor der Cholera empfanden aber wohl viele seiner Zeitgenossen/innen.146 Stifter hatte Linz bereits vor dem Auftreten der ersten Cho- lerafälle verlassen : Zunächst hielt er sich in Kirchschlag147 und dann in Lackenhäuser am Rande des Böhmerwaldes auf und verfolgte von dort  – über die »Linzer Zeitung«  – die Annäherung der Cholera an und deren Verlauf in Linz.148 Wenn die Cholera nicht wäre, so Stifter in einem Brief an seine Frau aus dem August 1866, dann »wäre ich rüstig und fröhlich ; aber diese Schlange […] quält mich in meinem jezigen Zustande beständig«. Breche die Cholera in Linz aus, dann müsse sie, Amalia Stifter, »sogleich« die Stadt verlassen.149 Als Stifter Anfang September über die ersten Choleratodesfälle in Linz Kenntnis erhielt, äußerte er brieflich erhebliche Zweifel an den ergriffenen Maßnahmen : Es sei fraglich, ob man wirklich alles »desinficirt« habe  – seit über »50 Jahre[n]« sei man mit der Cholera konfrontiert, dennoch habe man bislang nur mit »Flickwerk«, »Saumseligkeit und […] Verschlendern« reagiert  – der »Einzelne« bleibe bei der Cholera »auf sich gewiesen«.150 Tatsächlich kam Amalia Stifter, wohl auf Er- suchen ihres Mannes, wenig später nach Lackenhäuser und blieb dort bis Ende Okto- ber.151 Vermutlich über eine Rückkehr nach Linz nachdenkend, kontaktierte Adalbert Stifter im Oktober mehrere Linzer Freunde und Bekannte, die er über die Situation in Linz befragte, da die Informationen in der »Linzer Zeitung« spärlich blieben, die Gerüchte »aber anders […] sprechen« würden.152 Die aus Linz eingetroffenen Ein- schätzungen divergierten : In einem Brief wurde vermutet, dass die Cholera »bald ver- schwinden« werde,153 in einem anderen wurde konstatiert, dass sich die Cholera »stetig […] ausbreite«.154 Im Herbst habe ihn »die Cholerafurcht lächerlich heftig« ergriffen, schrieb Stifter seinem Arzt Ende November und er erkundigte sich gleichzeitig nach der aktuellen Lage in Linz.155 Schließlich kam Stifter erst wieder Anfang Dezember ins »cholerafrei[e]« Linz, nachdem er vor dem Wintereinbruch in Lackenhäuser  – mit einem Zwischenaufenthalt in Kirchschlag  – geflüchtet war.156 Zum letzten Mal trat die Cholera in Linz 1873 auf und verursachte zumindest 72 der rund 1.700 Todesfälle in diesem Jahr.157 Auf die heranziehende Cholera re- agierte man im Gemeinderat im November 1872 ähnlich wie in den vorangegangenen 145 Dallinger, Hunger, 317 ; Stifter, PRA, Bd. 21, 139 u. 313f. 146 LZ, 3.8.1866 ; diese Korrespondenz findet sich teilweise auch in : Briese, Angst, Bd. 3, 287 – 293. 147 Stifter, PRA, Bd. 21, 253 u. 261. 148 Ebd., 285f. u. 311 ; Stifter, PRA, Bd. 22, 12. 149 Ebd., Bd. 21, 272f. 150 Ebd., 297. 151 Ebd., 313 ; ebd., Bd. 22, 3. 152 Ebd., Bd. 21, 311 – 314. 153 Ebd., Bd. 24, 116. 154 Ebd., 116f. 155 Ebd., Bd. 22, 72f. 156 Ebd., 12, 78, 81 u. 84. 157 Schiedermayr, Sanitätsverhältnisse, 8 ; vgl. Datenbank Sterbefälle u. RB 1898, nach 352. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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