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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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275Rekurrente Krisen type ancien | liches Verlustgeschäft darstellte, die Krise jedoch erheblich abschwächen konnte.5 Für die folgenden Jahrzehnte gibt es Hinweise auf einzelne schlechte Ernten (besonders für das Jahr 1724), aber es trat in Linz offenbar keine Versorgungskrise auf.6 Teuerung und Mangel begleiteten den Erbfolgekrieg der 1740er Jahre :7 Im Jänner 1742 wurde eine Nahrungsknappheit durch die Belagerung von Linz bewusst herbeigeführt und diese führte angeblich sogar dazu, wie die Hauschronik des Karmeliterklosters vermerkte, dass die eingeschlossenen Soldaten Pferde- und Katzenfleisch aßen. Das begleitende epide- mische Auftreten von Infektionskrankheiten ließ die allgemeine Sterblichkeit ansteigen und diese bis ins Jahr 1744 überdurchschnittlich hoch bleiben.8 Eine signifikant erhöhte Mortalität lässt sich  – abgesehen von der wohl krankheits- bedingten Übersterblichkeit 1762/1763 (vgl. oben)  – erst wieder für die Jahre 1771 und 1772 feststellen.9 Dabei handelte es sich um die Auswirkungen einer Teuerungs- und Hungerkrise, die große Teile Zentral- und Nordeuropas zwischen den Jahren 1770 und 1773 betraf. Diese Krise wurde durch eine Serie von Missernten ausgelöst, wobei eine negative Witterungskonstellation in manchen Gegenden Europas schon 1769 einge- setzt hatte.10 In Böhmen waren weite Teile des Jahres 1769 überdurchschnittlich nieder- schlagsreich und kalt gewesen, zudem kam es im Winter zu Überschwemmungen und dann blieb der Schnee lange liegen. Daraus ergaben sich erhebliche Ernteausfälle beim Getreide.11 Betrachtet man die für diese Zeit für den Linzer Raum zur Verfügung ste- henden Klimadaten, dann deuten diese für das Jahr 1769 auf einen kalten Mai und Ok- tober und auf einen sehr niederschlagsreichen Juni hin. Das Frühjahr 1770 war bis in den Mai überdurchschnittlich kalt, ebenso waren die Monate Juni und Juli kühl, wobei der Juni wiederum sehr niederschlagsreich ausfiel. Auf einen normalen Winter 1770/1771 folgten ein sehr kaltes Frühjahr mit spätem Schneefall, ein niederschlagsreicher Sommer und ein sehr kalter November. Im Gegensatz dazu war 1772 bis auf den Mai ein über- durchschnittlich warmes und eher trockenes Jahr.12 1770 und 1771 traten in vielen Teilen des Habsburgerreiches Missernten auf und vor allem in Mähren, Böhmen, Tirol, Nieder- 5 Kumpfmüller, Hungersnot, 100 – 106 ; vgl. LR BIIA3, Reg. 3709 (125) u. 3716 (137) ; LR BIIA4, Reg. 4702 (53) ; ebd., Reg. 4783 (66). 6 LR BIIG4, Reg. 2343 (70) ; LR E1b, Reg. 1579 (61). 7 Vgl. zu den Getreidepreisen : OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 879, G.XIX.D/No.  8. 8 LR E1c, Reg. 2970 (108f.) ; vgl. LR CIIIC3, Reg. 608 (256) ; LR E1a, Reg. 298 (64) ; ebd., Reg. 301 (65f.) ; Datenbank Sterbefälle ; vgl. zum planmäßigen Aushungern von Linz Thürheim, Feldmarschall, 177f. 9 Vgl. Datenbank Sterbefälle  – wenngleich Benedikt Pillwein im frühen 19.  Jahrhundert für die Jahre 1764 und 1769 »Unfruchtbarkeit« und Teuerung notierte (Pillwein, Wegweiser, 30 u. 39). 10 Vgl. Abel, Massenarmut, 200 – 257 ; vgl. zusammenfassend : Collet/Krämer, Germany, 106 – 109 u. Collet, Katastrophe, 57 – 86. 11 Pfister/Brázdil, Vulnerability, 121f. 12 Kumpfmüller, Hungersnot, 111 ; Casty et al., Temperature ; »durchschnittlich« bezieht sich auf den Durchschnitt 1901 – 1960 der HISTALP-Daten  – vgl. zu den Datensätzen Kap.  2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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