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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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282 | Versorgungskrise obrigkeitlichen »Bewirtschaftung der Getreidevorräte« (also Verkaufszwänge) und der Abgabe von verbilligtem Getreide dauerte diese Teuerungsphase bis ins Jahr 1807.62 Der Einmarsch der Franzosen in Linz im Mai 1809 verursachte  – trotz guter Ernten der Jahre 1808 und 1809  – eine erneute Teuerung, eine Nahrungsmittelknappheit und ein verstärktes Auftreten von Infektionskrankheiten.63 Diese Konstellation resultierte in der höchsten Mortalität während des 19.  Jahrhunderts, die sogar die Sterblichkeit der Jahre 1771 und 1772 deutlich überstieg (vgl. Tab.  34).64 Aber auch die folgen- den Jahre waren durch hohe Preise geprägt, einen Höhepunkt erlebte die sozioöko- nomische Dauerkrise des frühen 19.  Jahrhunderts mit der Geldentwertung des Jahres 1811.65 Erst die guten Ernten der Jahre 1812 und 1813 führten zu sinkenden Preisen, die aber infolge der unterdurchschnittlich ausfallenden Getreideernten der Jahre 1814 und 1815 wieder deutlich anstiegen und zur nächsten Teuerungskrise überleiteten.66 Die Teuerungen und Knappheiten im Kontext der Napoleonischen Kriege und des »Jahres ohne Sommer« 1816 können als Transitionsphase und turning point der Ver- sorgungskrisen in Zentraleuropa gesehen werden.67 Sie waren nur noch teilweise vom Muster type ancien gekennzeichnet, bei denen klimatisch induzierte Missernten zu Teuerungen und einer Übersterblichkeit führten. Die Mortalität der Jahre 1816 und 1817 lag in Linz sogar deutlich unter dem Schnitt der 1810er Jahre, die höchste Sterb- lichkeit wies in diesem Zeitraum  – typhusbedingt  – das Jahr 1814 auf (vgl. Tab.  34).68 Die Witterung des Jahres 1816 fiel, was eine Auswirkung niedriger Sonnenaktivität (des »Dalton-Minimum«) und des Ausbruchs des indonesischen Vulkans Tambora im April 1815 war, in weiten Teilen Zentral- und Westeuropas überdurchschnittlich kalt und niederschlagsreich aus. Der Winter 1815/1816 dauerte lange und war schneereich, Frühjahr und Sommer waren kalt und verregnet, der Wintereinbruch kam früh. Durch- schnittlich lagen die Temperaturen in Europa bis zu 3  Grad Celsius (für die Monate Juni, Juli, August und November) unter den Durchschnittswerten des Referenzzeitrau- mes 1901 – 1960.69 Für Linz zeigen die Klimadaten eine geringere Abkühlung : Der Jän- ner 1816 war etwas über 2  Grad wärmer, der (meteorologische) Frühling nur 0,5  Grad und der Sommer wie der Herbst rund 1  Grad kühler. Die Niederschläge scheinen nur 62 HTb 1808, Fruchtbarkeit u. HTb 1809, Fruchtbarkeit ; vgl. LZ, 24.5.1805 ; ebd., 1.7.1805 ; LR E1b, Reg. 2197 (161f.) ; LR E7e-g, Reg. 1009 (247) ; ebd., Reg. 1072 (261). 63 Ruhr und Typhus  – vgl. RB 1899, nach 352. 64 Schweiger, Stadt, 178f. u. 189 ; vgl. LR E1b, Reg. 2236 (167) ; ebd., Reg. 2255 (169). 65 HTb 1810, Fruchtbarkeit u. HTb 1811, Fruchtbarkeit ; vgl. Sandgruber, Ökonomie, 222f. 66 HTb 1810 – 1815, Fruchtbarkeit ; vgl. OÖLA, Neuerwerbungen, Sch. 76/No.  6. 67 Vgl. als Übersicht : EdN, s.v. Jahre ohne Sommer ; zudem Collet/Krämer, Germany, 109 – 111 ; u. Abel, Massenarmut, 317 – 326. 68 HTb 1814, Fruchtbarkeit ; RB 1899, nach 352 ; vgl. Collet/Krämer, Germany, 110 u. Behringer, Tambora, 119 – 122. 69 Pfister, Wetternachhersage, 153 – 155 u. 297 ; vgl. Krämer, Menschen, 37 – 39 u. 276 – 284 ; White/Pfister/ Mauelshagen, Handbook, 551 – 561, Behringer, Tambora, 40 – 56. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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