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305Feuer
als kollektives Risiko |
ins 18. Jahrhundert nachwirkte, mit der Aufklärung aber zunehmend verschwand.111
Bedeutender waren rationale Deutungen und darauf basierende Praktiken, die auf eine
Reduktion des Brandrisikos bzw. auf ein effektives Bekämpfen von Bränden abzielten.
Normative, schriftlich festgehaltene Vorgaben der Obrigkeiten bestanden in manchen
Städten seit dem Spätmittelalter, häufiger im Rahmen der »Feuerpolicey« in eigenen,
regelmäßig publizierten »Feuerordnungen« ab dem 17. Jahrhundert. Diese sahen das
verpflichtende Bereithalten von Löschmitteln durch die Hausbesitzer vor, zudem eine
obrigkeitliche Feuerbeschau und Wachtdienste, auch umrissen sie Verhaltensregeln
und Zuständigkeiten im Brandfall.112
In Linz sind schon für das Spätmittelalter eine obrigkeitliche Feuerbeschau und
weitere Präventivbestimmungen belegbar, die das Brandrisiko reduzieren sollten. Dazu
kamen ab dem beginnenden 16. Jahrhundert Bauvorschriften, die – im innerstädti-
schen Bereich –Grabendächer und Feuermauern vorschrieben.113 Diese Normen wur-
den sukzessive ausgeweitet und regelmäßig publiziert, manchmal anlassbezogen direkt
nach Brandereignissen. Die Feuerordnung des Jahres 1672, die 1723, 1749 und 1755
in weitgehend identischer Form neu verlautbart wurde, sah – wie bei der Sauberkeit –
eine prinzipiell private Verantwortung vor, die durch eine begrenzte obrigkeitliche
Aufsicht ergänzt wurde : Der Hausbesitzer (resp. die Hausmeister der Freihäuser) seien
verantwortlich, dass sich die Rauchfänge in gutem Zustand befänden und regelmäßig
geputzt würden, man solle gut auf offenes Feuer achten, zudem die Lagerung von
brandgefährlichem Material möglichst reduzieren und dieses eher in gemauerten Ge-
wölben resp. das Holz in den Höfen unterbringen. An Geräten sollten zwei lange Lei-
tern (die das Löschen über die Dächer ermöglichten), Laternen, Haken, Handspritzen
und zumindest ein gefüllter Wasserbottich auf dem Dachboden resp. im Winter in der
Wohnung bereitgehalten werden. Eine »Visitation«, also eine Überprüfung der Feuer-
stellen, Rauchfänge und Löschutensilien erfolge zu Advent und bei den beiden Märk-
ten durch den Magistrat und die Landstände. Vor starken Winden – die Brände aus-
lösen konnten – warnten die Stadt- und Nachtwachen, eine ständige Feuerwache gab
es auf dem Pfarrturm, die mit Glocke und »verruffen« (auch durch Trompetensignal),
zudem bei Tag mit roter Fahne und bei Nacht mit Laternen den Brand signalisierte.
Im jeweils betroffenen Viertel müssten dann die Bewohner/innen »einer dem anderen
[…] zulauffen, und zum Retten zugehen«, für das Löschen waren die Bediensteten
des städtischen Bauamts verantwortlich, für einzelne Handwerker (Maurer, Zimme-
rer, Schlosser, Schmiede, Pumpenmacher) waren Beistandspflichten vorgesehen, auch
der Brunnmeister (als Verantwortlicher für die Wasserinfrastruktur), Rauchfangkehrer,
111 Zwierlein, Prometheus, 120 – 135.
112 Reith, Umweltgeschichte, 68 ; Allemeyer, Fewersnoth, 37 – 42 ; Zwierlein, Prometheus, 155 – 172 ; vgl.
Suter, Wasser, 88 – 91 (zu Zürich) ; Ebner/Weigl, Wasser, 48f. (zu Salzburg) ; Körner, Stadtzerstörung,
Bd. 1, 176 – 178 (zu Wien).
113 Grüll, Brandverhütung, 355f. u. 361f.; vgl. Reith, Umweltgeschichte, 68 u. Clark, Cities, 110f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364