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308 | Naturgefahr
auch Mietverträge.128 Ein Bewusstsein über die Gefahr des alltäglichen Feuergebrau-
ches zeichnet sich möglicherweise in räumlichen Lösungen ab : Das Stadtbräuhaus lag
im dünn besiedelten Wörth bei der Donau, und zahlreiche Backhäuser befanden sich
im Donautal entlang der Straße nach St. Margarethen – vielleicht waren aber auch
andere Umstände (z. B. niedrige Grundstückspreise und eine günstige Lage für den
Transport) dafür verantwortlich.129 Außerhalb der Stadt wurden, angeblich bereits im
Mittelalter, Schmiede vor dem daraufhin so benannten Schmiedtor angesiedelt,130 zu-
dem könnte man Straßennamen in peripheren Vorstadtbereichen wie »Hafnergasse«,
»Hafnerwinkl« und »Glockengießergasse« als Indiz für eine einstmalige Verlagerung
von feuergefährlichen (und rauchverursachenden) Gewerben sehen. Ein Adressver-
zeichnis aus dem Jahr 1825 dokumentiert an diesen Orten zwar einzelne feuernut-
zende Gewerbetreibende, jedoch genauso Bäcker, Hafner und Metallhandwerker in
dichter besiedelten Stadt- und Vorstadtgebieten.131
Mit Beunruhigung beobachtete man eher nichtalltägliche Objekte : 1717 begann
eine längere Diskussion um das Pulverlager, das sich in einem Turm der Stadtbefes-
tigung an der Unteren Donaulände befand. Wiederholt ersuchten die Stadt Linz und
Anrainer/innen um die Verlagerung des Pulverlagers – zwar war die Stadt bereit, die
entstehenden Kosten zu übernehmen, aber offenbar konnte keine Einigung mit der als
neuem Lagerort vorgesehenen Stadt Wels erreicht werden.132 Nachdem Anfang Juli
1731 ein Blitzschlag in der unmittelbaren Nähe des Pulverturmes ein kleineres Feuer
verursacht hatte, intensivierte sich erneut die Debatte über die Absiedlung und resul-
tierte diesmal in der kaiserlichen Anordnung, das Pulverlager in der Stadtbefestigung
aufzulassen und an einem Ort außerhalb der Stadt zu errichten.133 Zu diesem Zeit-
punkt hatten die Landstände das Pulver aber bereits aus Linz abtransportieren lassen
–
nach Enns gingen immerhin rund 36 Tonnen Pulver.134 Auch bei Großereignissen
wie den Märkten war man sich der Brandgefahr bewusst, die von den eng stehenden
hölzernen Ständen, den Waren, der offenen Beleuchtung und den zahlreichen Besu-
chern ausging. Als Präventivmaßnahmen wurden Aufsichtsdienste eingerichtet, zu-
dem Wasser und Löschgerät bereitgehalten.135 Ebenso erachtete man den
– als sorglos
eingeschätzten – Umgang von Soldaten mit Feuer als Risiko : Tatsächlich gab es zahl-
reiche Kleinbrände in den Linzer Militärunterkünften, die aber, da das sommerliche
Soldatenlager auf der Donauinsel und die Wasserkaserne im nur spärlich bebauten
128 OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 442, D.XV.2/No. 32.
129 Kreczi, Häuserchronik, 177 ; Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 2, 1556.
130 Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 1, 69.
131 Verzeichniß 1825.
132 LR BIIA4, Reg. 4986 (100) ; LR CIIIG, Reg. 693 (161) ; LR CIIIG, Reg. 695 (177).
133 LR BIIA17, Reg. 15138 (96f.) ; LR E1b, Reg. 1557 (56) ; LR E1g, Reg. 376 (153) ; LR BIIG5, Reg.
2506 (2f.) ; ebd., Reg. 2507 (3) ; ebd., Reg. 2509 (4) ; vgl. OÖLA, Karten- und Plänesammlung, VI/2.
134 LR BIIG5, Reg. 2513 (5).
135 Grüll, Brandverhütung, 366.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364