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315Feuer
als kollektives Risiko |
Schaden von rund 300.000 fl entstanden : Das Schloss, das Landhaus und 58 Häuser
waren weitgehend abgebrannt, bei 19 weiteren Häusern wurden die Dächer beschädigt,
auch verbrannten einzelne der für den Markt aufgestellten Verkaufshütten samt In-
halt.178 Offenbar gab es – außer dem bereits erwähnten Todesfall beim Landhaus –
keine weiteren Opfer, da sich der Brand relativ langsam ausgebreitet hatte.179 Selbst
im Schloss war niemand gestorben : Die Kranken hätten sich alle »verloffen«, so ein
Bericht vom 16. August.180
Dieser Brand war deutlich ein Feuer vormoderner Prägung, das durch Wasserman-
gel und punktuelle, unkoordinierte Löscharbeiten gekennzeichnet war : Die meisten
Bewohner/innen hatten – wie auch der Großteil der Familie Spaun – versucht, eigene
Besitztümer zu retten, statt zu löschen,181 »alles« hatte »den Kopf verloren«, so Spaun
rückblickend.182 In Linz hatte sich die dichte Bauweise der inneren Stadt als erheblich
brandfördernd erwiesen, zudem hatte sie die Löschversuche behindert : Beim Land-
haus, dem Verbreitungspunkt des Feuers unterhalb des Schlosses, konnte man, wie das
Bauamt 1810 feststellte, nur »von zwey kürzeren freyen Seiten […] mit Rettungsmittel
bey dem unglücklichen Feuer zu Hilfe kom(m)en«.183 Dennoch war der Brand, wie
der des Jahres 1755, nur eine Beinahekatastrophe : Es kam, vermutlich lediglich auf-
grund des Umstandes, dass es nur leicht windig war, zu keinem Totalbrand der Stadt.184
Auch die Bewältigung des Ereignisses trägt vormoderne Züge : Es wurde eine Spen-
densammlung (»Brandsteuersammlung«) bewilligt, die vermutlich rund 10 Prozent
der entstandenen Schäden abdeckte,185 und auf Antrag erhielten Betroffene partielle
Steuerbefreiungen, auch wurde die Abgabe auf in die Stadt gebrachtes Baumaterial
temporär aufgehoben.186 Die meisten Brandopfer waren auf die Solidarität ihres nähe-
ren Umfeldes angewiesen : Zwar bekam der Vater von Joseph v. Spaun eine Prämie von
1.000
Gulden für seinen Einsatz bei der Rettung des Archives und der Kassen, Spauns
Mutter lieh sich aber bereits unmittelbar nach dem Brand Geld, zudem erhielt die
Familie bald durch »Freunde und Beamte« Sachspenden und schließlich eine anonym
zugesandte Kiste mit Kleidung und Stoffen.187 Der Linzer Adelige Heinrich Kheven-
178 Awecker, Brand, 27 – 31 ; Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 2, 58.
179 Dies war bei mittleren Bränden nicht unüblich : Körner, Stadtzerstörung, Bd. 1, 251f. u. 284 ; an-
ders beim Brand der Stadt Salzburg im April 1818, der zwölf Todesopfer forderte (Marx, Flammen,
64 – 70).
180 LR CIIIG, Reg. 1453 (417).
181 LR E1b, Reg. 2008 (132) ; Waldhauser, Predigt, 8 ; vgl. Körner, Stadtzerstörung, Bd. 1, 250f. u. Marx,
Flammen, 53f.
182 Doku, Spaun, 44 ; vgl. Marx, Flammen, 65 – 67.
183 OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 84, D.XIV.2/No. 196.
184 Für den 15. und 16. August 1800 notierte Haslinger, der sich damals im nördlichen Linzer Hinterland
aufhielt, nur leichten Wind aus Ost resp. West – Haslinger, Tagebücher, 59.
185 AStL, Altakten, Sch. 189 ; OÖLA, Musealarchiv, Sch. 4/No. 15 ; vgl. Awecker, Brand, 36.
186 AStL, HS 1087 (Stadtratsprotokoll 1800), fol. 259a u. 301b.
187 Doku, Spaun, 44f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364