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320 | Naturgefahr
als Hilfstruppe gegen Unruhen in Reaktionszeit gedacht war.220 Breites mediales Echo
generierte im Frühjahr 1847 der Brand im Karlsruher Theater, der durch eine freiwil-
lige Feuerwehrmannschaft aus dem nahegelegenen Durlach gelöscht wurde. Dort
hatte man im vorangegangenen Jahr eine moderne Feuerspritze aus der Produktion
des Heidelberger Fabrikanten Carl Metz angekauft, der ausgebildetes und geübtes
Personal für die Bedienung der Spritze empfahl. Das griff man in Durlach auf, nahm
aber zudem weitere Personen ins »Corps« auf, die andere Aufgaben im Brandfall (z. B.
Steiger oder »Vorpompiers«) hatten.221 Möglicherweise wird man die zeitnah erfolgte
demonstrative Probe der städtischen Feuerspritze in Linz und den Ankauf einer neuen
Spritze in diesem Kontext sehen können.222
In Linz lud der Gemeinderat im Herbst 1850 »zur Bildung einer bleibenden Feu-
erwehr ein, bestehend aus Männern, die sich verpflichten, bei den Löschanstalten
voranzugehen«.223 Dieser Versuch, eine freiwillige Feuerwehr zu gründen, ging maß-
geblich vom Gemeinderat und späteren Bürgermeister Vinzenz Fink aus, der als
Buchhändler vermutlich über die publizistische Feuerwehrdebatte Bescheid wusste.
Die Brandbekämpfung »nach einem erprobtem Systeme« sei, so der gedruckte Aufruf
im Dezember 1850, effektiver als »das Zusammenwirken von Hunderten«. Eine ge-
übte Feuerwehrtruppe lösche in jedem Fall besser als die Hausbewohner selbst : »Es ist
nämlich eine bekannte Erscheinung bei Bränden, daß die besonnensten und muthigs-
ten Menschen, in deren Wohnungen oder Nähe derselben ein Feuer ausbricht, häufig
ganz rathlos und verzagt werden, und dann ganz unthätig sind, oder die verkehrtesten
und unzweckmäßigsten Maßregeln ergreifen.«224 Wenngleich sich 23 Männer fanden,
darunter auch der Gürtler und Gießer Johann Rosenbauer, ein eigenes »Reglement«
geschaffen wurde und der Bürgermeister als »Löschdirektor« fungierte, blieb diese
erste Linzer Feuerwehr ohne größere Folgewirkung. Das Löschen von Bränden war
wie in der Frühen Neuzeit (dies wurde in der Feuerlöschordnung des Jahres 1851 mit
Strafandrohung erneut festgeschrieben) Aufgabe der Bewohner/innen und der Hand-
werker, wenngleich nun mit Beteiligung der Feuerwehrleute und unter Anleitung der
im Vormärz etablierten städtischen »Feuer-Commissäre«.225 Die städtischen Ausga-
ben für das Feuerlöschwesen deuten in diesem Bereich aber auf begrenzte Ambitionen
hin : Wenngleich man 1855 eine moderne Feuerspritze für 2.000 fl kaufte,226 wurden
220 Briese, Sicherheit, 11, 84f. u. 254f.; Schamberger/Leupold, Brandschutzgeschichte, 77 – 79.
221 Briese, Sicherheit, 123 – 132 ; Schamberger/Leupold, Brandschutzgeschichte, 73 – 76.
222 AStL, HS 1128 (Stadtratsprotokoll 1847), fol. 90a – 91a u. 153a.
223 Wiener Zeitung, 24.12.1850 ; in den Gemeinderatsprotokollen aus diesem Jahr fand sich diesbezüglich
kein Beschluss.
224 AStL, Altakten, Sch. 188 ; OÖLA, Musealarchiv, HS 51 (Materialien zur Geschichte der Stadt Linz
von Ignaz Fink, undat.), pag. 575 – 577.
225 Ebd.; vgl. Carrington/Reiter, Linz, 9f. u. Mittmannsgruber, Stadtverwaltung, 249.
226 GRP 1855, fol. 202b u. 203a.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364