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| Logiken und Akteure des Existenten und des
Wandels326
remereignisse waren eher selten : Sie verursachten zwar erhebliche Schäden, forder-
ten aber kaum Todesopfer, da die Vorwarnzeit meist ausreichend für Evakuierungen
war. Der Umgang mit und die Bewältigung von derartigen Krisen lag prinzipiell in
der Eigenverantwortung der Stadtbewohner/innen – Betroffene konnten jedoch mit
gesellschaftlicher Solidarität rechnen, die finanzielle und materielle Hilfe umfasste.
Das Risiko des Feuers war nicht vorhersehbar – dennoch gab es ebenso Anpassungs-
tendenzen : Auf städtischer Ebene versuchte man das Brandrisiko durch Regelwerke
(Feuerordnungen, Bauvorschriften) und räumliche Lösungen zu reduzieren. Die re-
gelmäßige Inanspruchnahme von Rauchfangkehrern und eine ständige Feuerwache
auf Türmen zielten ebenso auf eine Verringerung der Brandgefahr ab, zudem sind
individuelle Prophylaxemaßnahmen belegbar. Für das Bekämpfen des Feuers waren
einzelne Handwerker und die Anwohner selbst zuständig, wobei man statt auf das
Löschen meist nur auf das Eindämmen des Brandes abzielte. Ein Brand blieb bei ei-
ner entsprechenden Konstellation ein nicht zu beherrschendes sozionaturales Ereig-
nis : Aus einem kleinen Brand konnte bei Trockenheit und Wind rasch ein Großfeuer
entstehen, wie das Beispiel des Jahres 1800 zeigt. Analog zu anderen Extremereig-
nissen war auch bei Bränden mit umfangreicher und teilweise überregionaler gesell-
schaftlicher Solidarität zu rechnen.
Bis ins ausgehende 19.
Jahrhundert veränderten sich diese Praktiken und Lösungen
erheblich. Dabei lassen sich für Linz zwei Phasen verstärkten Wandels feststellen : ers-
tens eine Phase, die von den letzten Jahrzehnten des 18.
Jahrhunderts bis in die 1840er
Jahre andauerte und durch die politischen und ökonomischen Krisen der Franzosen-
kriege unterbrochen wurde ; zweitens die (auch in der allgemeinen Forschung stärker
rezipierten) Veränderungen des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts. Ein wichtiger
Impetus für Transformation war der kulturelle Wandel : Bedürfnisse, Wahrnehmun-
gen, Wissensbestände und Technologien erlebten eine signifikante Transformation.
Die Toleranz gegenüber Unsauberkeit, besonders gegenüber schlechten Gerüchen, re-
duzierte sich, dazu kamen – ab den 1770er Jahren und dann vor allem ab den 1820er
Jahren – Bestrebungen, die visuelle Qualität der Stadt zu verbessern, was auch die
Frage der öffentlichen Sauberkeit tangierte. Diese Bereiche wurden ein häufiges medi-
ales Thema und ab den 1840er Jahren gingen auch von der Stadtverwaltung vermehrt
Impulse aus, die auf die Herstellung und Aufrechterhaltung von Sauberkeit abzielten.
Neue Vorstellungen von Hygiene begannen zudem Praktiken des Weiternutzens und
Wiederverwertens zu verändern. Erste öffentlich nutzbare Grünräume entstanden in
Linz ab den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts : Wie in zahlreichen anderen
Städten wurden Teile der Festungsanlagen begrünt, was wesentlich von Angehörigen
der Oberschichten ausging, die an der Schaffung und Umgestaltung neuer, repräsen-
tativer und semiöffentlicher (Freizeit)Räume interessiert waren. Mit dem Aufstieg des
Bürgertums intensivierte sich im 19. Jahrhundert das Bedürfnis nach öffentlich zu-
gänglichen Grünräumen, gleichzeitig gewann die Nutzung des Umlandes als grünes
Nahausflugsziel an Bedeutung.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364