Seite - 11 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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REISEMOTIVE
nahmen und Berichte der Schriftstellerin Freya Stark
gehören zu den ersten Dokumenten aus den ent-
legenen Gebieten des Südjemen, wie dem Wadi
Hadramaut. Dieses Land am südlichen Ende der
riesigen arabischen Halbinsel zeigte 1991 noch
sehr unterschiedliche unglaublich gestaltete Bauten
und Siedlungsformen von verschiedenen ethnischen
Gruppen, Bewohner mit vielen divergierenden Cha-
rakteristika, die auch immer wieder anders gekleidet
sind. Die sehr unterschiedlichen Städte und die teil-
weise extremen Landschaften machten und machen
zum Teil noch heute die Einzigartigkeit dieses Landes
aus.
Auch im Geschichts- und Geographieunterricht hatte
ich vom märchenhaften Jemen gehört, aus dem schon
in der Antike Weihrauch und Myrre kamen und vom
Reich der Königin von Saba, die einst König Salo-
mon besucht und diesen sehr beeindruckt haben soll.
Daher hegte ich schon Dekaden vor dieser Reise den
Wunsch, einmal den Jemen individuell zu bereisen.
Eine geplante Vorlesung über „Islamische Baukunst“
an der Technischen Universität Graz war ein weiterer
Grund, in eines der ursprünglichsten Länder Arabiens
und in ein Land so nahe am Ursprung des Islam ein-
zutauchen. In den Jahren vor meiner Jemenreise hatte
ich schon etliche islamische Länder wie Ägypten, die
Türkei, den Iran, aber auch Marokko und Algerien
sowie Tunesien, später Libyen und auch Indonesien,
den bevölkerungsreichsten islamischen Staat unserer
Erde, bereist. In mehreren dieser Staaten hielt ich
mich mehrfach und zum Teil auch mehrere Monate
lang auf und konnte so vieles aus der islamischen
Glaubenswelt und von den ariden Gesellschaftsfor-
men persönlich erfahren, war also nicht allein auf
Bilder von dritten und auf Bücher aus Universitätsbi-
bliotheken und aus meiner eigenen umfangreichen
Bibliothek angewiesen.
Durch meine Jemen-Reise wollte ich einen guten
Überblick über die heutige Architektur im Jemen und
auch über die baulichen Hinterlassenschaften der
unterschiedlichen früheren Hochkulturen im Süden
Arabiens gewinnen, Zusammenhänge zwischen den
Mittelmeerkulturen und den altjemenitischen König-
reichen untersuchen, Fotos von damaligen und noch
früheren Bauwerken aus dem Jemen anfertigen, über
die ich dann für Vorlesungen und Publikationen frei
verfügen kann.
Mein besonderes Interesse galt und gilt den eigen-
ständigen örtlichen Konstruktionsprinzipien der unter-
schiedlichen Bautypen in den verschiedenen Kulturen
und Bauepochen, den Bauformen sowie den Funk-
tionen und Ideen, die dazu geführt haben könnten.
anhaltenden und verbreiteten Arbeitslosigkeit aus
weiten Teilen ihrer Heimat vor allem nach Indonesien
ausgewandert waren und dann nach Verbesserung
der wirtschaftlichen Lage im Jemen in diesen und
so auch ins Wadi Hadramaut wieder zurückkehr-
ten. Die Rückkehrer erzählten einigen Imamen von
den repräsentativen Kolonialbauten der Holländer
auf Java. Die Imame forderten die Planer unter den
Rückkehrern daraufhin auf, die historistischen Kolo-
nialbauten der Holländer im Wadi Hadramaut für
sie nachzubauen.
Auf diese Weise kamen bereits um 1900 derartige
Bauten ins Wadi Hadramaut, das bis dahin nur sel-
ten einen Europäer gesehen hatte. Dort stehen heute
noch zahlreiche aus Lehm errichtete Gründerzeitbau-
ten – große, repräsentativ gestaltete Wohnpaläste.
Selbst die neobarocken, vergoldeten Rahmen von
Bildern an den Innenwänden wurden aus dem Lehm
der jeweiligen Wand modelliert und hochalpine
Winterlandschaften in die gerahmten Bildflächen auf
den Lehmuntergrund gemalt. Wer nicht genau hin-
sieht, glaubt hier hängen Ölgemälde mit europäi-
schen Motiven, gerahmt von vergoldeten, echten,
neubarocken Bilderrahmen.
Auch große Swimmingpools durften nicht fehlen. Da-
mit wurde unter anderem der Grundstein für die heu-
tige Wasserknappheit im Wadi Hadramaut gelegt.
Wasser gab es im trockenen Jemen nie wirklich im
Überfluss! Zu der Verschwendung einzelner Imame
kam bald aber auch die Steigerung des Wasserbe-
darfs pro Person in Kombination mit einem rasanten
Bevölkerungswachstum. So waren schon 1991 fast
alle alten Brunnen trocken und das Wasser musste in
diesem ausgedehnten Wadisystem aus immer tiefe-
ren Bohrungen gewonnen werden.
Im Jemen entwickelten sich aber schon spätestens im
ersten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung Hochkul-
turen, deren Reiche immer wieder bis über das Rote
Meer hinweg tief nach Afrika hineinreichten. Der Be-
kanntheitsgrad der Königin von Saba ist heute noch
legendär. Wenigen aber ist bewusst, dass auch ihr
Reich aus zwei fast gleichgroßen Teilen bestand, ei-
nem im Süden Arabiens und einem im Osten Afrikas.
In Afrika umfasste das Reich Teile Nordäthiopiens,
des Sudan und praktisch ganz Dschibuti und Eritrea.
Die archäologischen Zonen in beiden Teilen dieses
vorchristlichen Großreiches wurden bislang nicht aus-
reichend erforscht.
Die Reiseberichte und beeindruckenden Schwarz-
Weiß-Aufnahmen von Hans Helfritz aus den 30er
Jahren des 20. Jh. über den südlichen Jemen wa-
ren damals in Europa eine Sensation. Auch die Auf-
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix