Seite - 63 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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REISE DURCH DEN JEMEN
63 Geschichte des Dammes und mehrere Sanierungen
und Aufstockungen geben.
Danach ging es zum sogenannten Mondtempel,
auch Bar’an-Tempel genannt, ein dem Mondgott Ilum-
quh oder Almaqah geweihter Tempel, der 1991 ge-
rade von deutschen Archäologen untersucht und zum
Großteil freigelegt wurde. Wir durften ausnahmsweise
die Anlage auch innerhalb des Grabungsgeländes be-
sichtigen, durften dort aber keine Aufnahmen machen.
Ich fotografierte daher die Grabung nur von außen,
auch zwei kleine Altäre mit altsabäischen Inschriften
aus dem 5. bis 4. Jh. v. Chr. Die Altäre sind zugleich
Tempelmodelle, die uns eine Vorstellung von der einsti-
gen Form der großen Tempel in Marib geben.
Anfang 1999 sah ich diese Tempelmodelle in Wien
in einer sehr umfangreichen Jemen-Ausstellung wie-
der. In dem begleitenden Katalog wurde versucht,
Ähnlichkeiten zwischen der Architektur dieser Tempel
mit jener der späteren axumitischen Kultur in Äthio-
pien mit ihren Affenkopfstelen herzustellen. Ich fand
jedoch keine Bezüge zwischen den Tempelpfeilern
in Marib und den Stelen in Axum.
Interessant hingegen ist sicher ein weiterer altsabäi-
scher Opferaltar in einem großen Tempel südlich von
Wukro in Meqaber in Äthiopien. Der Altar stellt wie-
der einen altsabäischen Tempel dar und hat sehr gro-
ße Ähnlichkeit mit den Tempelmodellen in Marib. Er
trägt ebenfalls eine rundumlaufende altsabäische In-
schrift, wurde erst 2008 freigelegt und war dem altje-
menitischen Gott Almaqah, dem Mondgott geweiht.
Die schlanken, weitgehend glatten Steinpfeiler mit
ihren integrierten Kapitellen beim Mondtempel in
Marib sind jedenfalls keine Stelen, sondern die ehe-
laufbauwerke waren, sind in ihrer Monumentalität
heute noch sehr beeindruckend. Auf beiden Seiten
gingen vom Damm bzw. von diesen “Schleusenbau-
werken” Bewässerungskanäle weg. Der nördliche
führte zu einer Zisterne in etwa einem Kilometer Ent-
fernung.
Man war sich schon beim Bau des Dammes des Pro-
blems des hohen Wasserdruckes an der Dammba-
sis und an den Überlaufbauwerken im Nordwesten
und im Südosten bewusst und verankerte daher den
Damm mit fest im Boden verankerten Zapfsteinen,
sodass der Damm unten nicht ausweichen konnte.
Etwas ganz Ähnliches konnte ich 1965 in der Nähe
von Assuan beim Bau des damals im Bau befind-
lichen Assuan-Staudammes beobachten. Auch dort
sprengten zu Beginn die russischen Firmen am Bo-
den Löcher und Streifen in den gewachsenen Felsen
und gossen diese mit armiertem Beton aus, der selbst
wieder mit der Dammkonstruktion unmittelbar verbun-
den wurde. Leider ist in Marib auch der Rest des
Dammes heute stark durch Erosion und Verfall ge-
fährdet. Außerdem sollen Steine des Dammes immer
wieder von Bewohnern des Tales von Marib abtrans-
portiert und zum Bau von Privathäusern verwendet
worden sein.
In Marib trafen wir das erste Mal im Jemen auf eine
größere Zahl von Touristen. Bei der Südschleuse war
gerade der Kanal aus dem neuen Stausee mit Was-
ser gefüllt worden, so dass sich die Touristen vor dem
schnell fließenden Wasser fürchteten. So waren wir
die Einzigen, die durch das Wasser zur anderen Sei-
te gelangten und daher die Schleuse ausführlich be-
sichtigen konnten. Es gibt auch hier viele technische
Details, die Führungen für die ehemaligen Schleusen-
tore ganz oben und Inschriften, die Auskunft über die
Abb. 51
Beim “Mondtempel” von
Marib, dem Almaqah-Tempel
von Bar’ân (‘Arsh Bilqîs) wurde
dieser Altar in Form eines Tem-
pelmodells mit abgetreppter
Basis, Pfeilern und Dachkons-
truktion mit rundumlaufender
altsabäischer Inschrift gerade
1991 freigelegt.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix