Seite - 71 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Bild der Seite - 71 -
Text der Seite - 71 -
REISE DURCH DEN JEMEN
71 eigentlichen Fenstern, einen viel größeren Abstand
zu den Fenstern unterhalb und sind meist nicht mit
Gittern ausgestattet.
Es fällt auf, dass es in Marib eine Mischung von
zahlreichen Architektureinflüssen gibt. Viele der Bau-
ten haben hier Dachterrassen mit Brüstungen, in die
Lehmziegelgitter eingebaut wurden. Das ist eigent-
lich vor allem für die Architektur des Wadi Hadra-
maut sonst typisch. Andererseits tragen viele der
Lehmbauten an den Fassaden schuppenartige, lang-
gezogene horizontale Streifen in gleichmäßigen Ab-
ständen, die zu den Gebäudeecken hin heraufgezo-
gen sind. Diese Art von Architektur ist typisch für den
Norden des Jemen und besonders für die Region
um Saada südlich der Grenze zu Saudi Arabien.
In vielen Steinbauten erkennt man deutlich Teile des
Baumaterials aus antiken Bauten. Ähnlich, wie bei
der Moschee am Fuß des Stadthügels von Marib,
die noch gesondert beschrieben wird, finden sich
auch hier viele Spolien mit Reliefs und natürlich auch
viele Stützen, Pfeiler und Kapitelle aus sabäischen
und himyaritischen Tempeln. Weil dickere tragfähige
Holzstämme von geradem Wuchs und hoher Stütz-
kraft im Jemen eine schwer zu beschaffende teure
Rarität darstellen, wurden die antiken Steinstützen
verständlicherweise in den Wohnburgen gerne als
tragfähige Deckenstützen wiederverwendet.
In der Tendenz wurden in Marib unten eher Steinwän-
de errichtet und oben eher dünnere Wände aus rela-
tiv unregelmäßigen, vulkanischen Schlackesteinen. Es
kamen auch handgeformte Lehmmauern oder Mau-
ern aus Lehmziegeln zum Einsatz. Bei allen Bauma-
terialien wurde Lehm als Mörtelmaterial verwendet.
Außerdem ist ein Unterschied zwischen Innen- und
Außenwänden zu beobachten. Die Innenwände sind
meist aus weniger sorgfältig zugeschlagenen Schla-
ckesteinen errichtet als die Außenwände. In manchen
Fällen erkennt man, dass eine Steinfassade nur vor
eine Lehmaußenwand vorgeblendet wurde, um diese
gegen Regen effektiver zu schützen.
Die Decken sind sehr oft Balkendecken mit “Mann an
Mann” oder mit Abstand gelegten Holzbalken mit oft
recht knorrigem Wuchs. Darüber folgen eine Über-
gangslage mit dünnen Ästen und eine relativ dicke
Lehmauflage. Diese wurde für den Höhenausgleich
bei den unregelmäßig gewachsenen Deckenbalken
gebraucht.
logisch durchtunneln. Vielleicht stand die erste Sied-
lung nur auf einem relativ niedrigen, nur wenig aus
dem Tal vortretenden Hügel. Manche Archäologen
vermuten, dass hier im Hügel auch die Reste des sa-
genhaften Palastes der Königin von Saba zu finden
sind.
1991 waren nur noch wenige Häuser intakt und
bewohnt; die meisten wurden durch Bombardierun-
gen während der Zeit des Bürgerkrieges zwischen
1962 und 1968 zerstört oder stark beschädigt und
fallen seitdem während jeder Regenperiode lang-
sam weiter in sich zusammen. An Hand der aufge-
brochenen Bauten kann man die Konstruktionsweise
der historischen Wohntürme von Marib gut studie-
ren. Es gibt noch bis zu sechsgeschoßige Bauten
auf dem Stadthügel von Marib. Sie sind meist in
Stein unter Verwendung von Lehm als Mörtel- und
Verputzmaterial errichtet. Äußerlich sehen daher vie-
le Bauten wie reine Lehmarchitektur aus. Ihre Fens-
ter sind klein und haben nur selten die in Sanaa
so charakteristischen Oberlichte. Hier haben auch
die Oberlichte, die Rundbogenöffnungen über den
Abb. 63
Ein zusammenbrechendes Haus in Alt-Marib.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix