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REISE DURCH DEN JEMEN
75 In diesem Zusammenhang ist ein Vergleich der sa-
bäischen Kapitelle mit denen aus der europäischen
Antike interessant. Die jemenitische Art von Kapitellen
wurde offenbar völlig unabhängig von jenen in den
mediterranen Kulturen entwickelt und verfolgte einen
meist rein konstruktiven Ansatz.
• Dorisches Kapitell
Bei den Griechen gab es zunächst die dorische höl-
zerne Säule, bei der mit Kerbeisen der Baumstamm
vertikal von Ästen gesäubert und von der Rinde und
Unebenheiten befreit wurde, wodurch der kannelürte
Säulenschaft entstand. Darüber folgte eine integrier-
te runde Abschlussplatte als Sauberkeitsschicht. Auf
dieser lag eine wulstartige, runde, nach oben brei-
ter werdende Holzplatte, der Echinus, und darüber
wieder eine noch breitere quadratische Holzplatte,
der Abakus. Durch dieses dorische Kapitell wird die
Auflagefläche sinnvoll und auf sehr einfache Weise
stufenweise vergrößert. Der wulstartig auseinanderge-
hende Echinus sieht dabei so aus, als hätte er unter
Es finden sich auch im Grundriss quadratische Kapi-
telle wie beim Mondtempel mit drei, mitunter auch mit
nur zwei auskragenden Schritten über einem Pfeiler
mit quadratischem Querschnitt.
Bei einigen im Querschnitt oktogonalen Stützen se-
hen die üblichen Auskragungen mit Balken gleich
aus wie bei den im Querschnitt quadratischen Pfei-
lern, als gäbe es die Abkantung nicht. Hier gibt
es aber nur zwei Auskragungsschritte bis zu einer
quadratischen integrierten Deckplatte. Die Eckbe-
reiche dieser Kapitelle werden dabei durch vier
schräggestellte aus dem Stein modellierte Eckstützen
unterstützt, die aus den vier abgekanteten Flächen
des Stützenschaftes schräg vortreten. Sie stellen of-
fenbar eine frühere, in Holz ausgeführte Art einer
Konstruktion dar, die auch hier zur Vergrößerung der
Auflagefläche über den Stützen im Übergang zur
Decke diente. Die ursprüngliche Form könnte den
Pionierbrückenbauten entstammen. Alle sabäischen
Kapitelle haben in ihrer Art einen sehr konstruktiven
Charakter.
Abb. 70
Das Säulenfragment links mit 16-eckigem Profil zeigt deutliche Kanneluren.
Abb. 71
Perspektive von einem der Pfeiler mit quadratischem Profil und in den Monolithen integriertem
Kapitell. Kapitelle dienen der Verbreiterung der Auflagefläche im Übergang von Stützgliedern zur
Decke. Dieses Kapitell wurde aus einer ursprünglichen Holzkonstruktion schon in altsabäischer Zeit
zu diesem Zweck entwickelt. Oft deuten die Pfeiler die Art der Konstruktion aber nur als Flachrelief
an. Die Verbreiterung war zu dieser Zeit bei den Steinbauten auch nicht mehr unbedingt notwen-
dig, da es sich meist um Steinbalkenkonstruktionen, die sich ebenfalls aus dem Holzbau entwickel-
ten, handelt.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix