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Geographie, Land und Leute
Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Seite - 81 -
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REISE DURCH DEN JEMEN 81 bungen der Erdkruste nahe dem Roten Meer gege- ben haben. Durch die Trockenheit und das Fehlen an Vegetation liegt alles wie konserviert, manches wie mumifiziert seit Jahrtausenden für den Betrachter aus wenigen tausend Metern Höhe da, kaum verändert seit den Erschütterungen, den Brüchen, seit den erd- geschichtlichen Katastrophen. Bald kamen wir der Wüste Ar-Rub’-al-Khali noch nä- her, lange Gebirgszungen reichen hier bis tief in die Sandwüste hinein und tauchen dann in ihrem Sand- meer ab. Selbst hier finden sich noch Wege und kleine Häuser, Spuren von Menschen und Leben. In einem breiten Tal, das sich in die Wüste öffne- te, schien mir, als ob man kleine Auswurfringe sehen könne, die an einer unsichtbaren geraden Linie wie Perlen aufgereiht in etwa gleichen Abständen zu- einander liegen und die den Verlauf eines künstlich gegrabenen, unterirdischen Kanals unter der Wüste markieren. In Persien wurden die frühesten derartigen Kanäle, sogenannte Kanate, schon im frühen 2. Jt. v. Chr. angelegt. Die Erfindung dieser unterirdischen Wasserläufe ist genial. Vom Wasser verdunstet fast nichts und es bleibt im Untergrund kühl und sauber. Die Kanate fanden auch viele Nachahmer. In China nennt man die unterirdischen Wasserläufe Kares und in Marokko Foggaras. Bald ging das Gelände in ein Hochplateau über, das offenbar völlig horizontale Sedimentationsschich- tungen unterschiedlicher Stärke, Härte und Färbung aufweist und zu den Seiten hin und besonders an den Rändern sehr differenzierte, fingerförmige Entwässe- rungs- und Erosionssysteme entwickelte hat. Es folgten extrem fein verästelte Talsysteme in unterschiedlichen Richtungen, die immer breiter werden und sich auch immer tiefer in die Schichtungen zu tiefen Schluchten eingeschnitten haben, um in noch größere Täler und Wadis zu münden, die selbst wieder nur die Sei- ten-Wadis eines der größten Wadi-Systeme unseres Globus sind, des Wadi-Hadramaut. Die Ästhetik dieser feinst verästelten baumartigen Strukturen, dieser natürlich entstandenen Entwässe- rungssysteme, dieser riesigen Hochplateaus war be- eindruckend. In manchen Zonen ähnelt es einem Blatt mit Hauptadern und Nebenadern bis hin zu feinsten Äderchen in den Randzonen. Die vielen Sturzregen in der langen Geschichte dieses Plateaus an unter- schiedlichen Stellen haben feinste und feine Rinnen gebildet, in denen durch das Fließen des Wassers immer etwas Material mitgenommen wurde und wird, um als Schleifmittel den Untergrund immer weiter und tiefer auszufräsen und in den tieferen Einschnitten an Kraft zu gewinnen und mit noch mehr Geröll und Sand sowie wachsender Geschwindigkeit den Boden im- raturarbeit verdrängt von den unglaublichen Bildern, die uns der Flug bot. Auf der welligen Hochebene begegneten wir kleinen Hausgruppen auf kleinen felsigen Geländeerhebun- gen und Felsnasen. Die Fahrspuren von Motorrädern und anderen Kraftfahrzeugen zeichneten im Staub der trockenen Hochebene offenbar über Jahre sicht- bare Netzstrukturen wie Spinnweben. Seit langer Zeit hatte offenbar kein Regen diese Spuren verwischt. Auch die Felder sahen sehr ausgetrocknet aus. Nur dort, wo aus tiefen Brunnen mit Motorpumpen künst- lich bewässert wurde, konnten Pflanzen noch gedei- hen. An mehreren Stellen sah man die Reste alter Staudämme. Es muss davon im Laufe der Geschichte viel mehr gegeben haben, als aus den Geschichts- büchern bekannt wird. Dann flogen wir endgültig über ein wild zerklüftetes Gebirge mit bizarren Formen. Im Hintergrund sah man Richtung Osten bereits die näher kommende Ar Rub’ al Khali, eine der unwirtlichsten Wüsten unseres Globus. Selbst hier in den Übergangszonen gibt es überall Spuren menschlichen Lebens. An manchen Stellen sahen wir Gebirgsformationen, die sich fast kreisrund um eine Art Riesenkrater legen, bei denen man vermuten darf, dass hier früher einmal ein Me- teorit eingeschlagen hatte oder ein riesiger Vulkan ausgebrochen war. An einer anderen Stelle gibt es eine Erdspalte, die völlig geradlinig von Nordosten nach Südwesten verläuft und das Gebirge in zwei Hälften spaltet. Die Spalte verläuft auf beiden Seiten bis zum Horizont, so weit das Auge reicht. Ich lief von einer Seite des Flugzeugs zur anderen, um die riesige Spalte in beiden Richtungen aufzunehmen und auch andere Bilder festzuhalten. Dabei konnte ich mir kaum vorstellen, dass man durch diese staubigen Fenster- scheiben wirklich Fotos aufnehmen kann. Erstaunlich waren selbst hier an manchen steilen Berg- hängen die zahllosen, schmalen, den Steilhängen abgerungenen Feldterrassen mit ihrem kargen Humus für den Anbau von Feldfrüchten in den Bergen. An anderer Stelle wirken riesige glatte Hochgebirgsplat- ten wie mit einem gewaltigen scharfen Messer in al- len nur erdenklichen Richtungen wahllos zerschnitten. Es sind glatte, gerade, überdimensionale Schnitte in die glatten Gebirgstafeln. Es muss wohl im Laufe der Erdgeschichte sehr viele Brüche durch die Verschie- Abb. 80 Ein tiefer, gradliniger Bruch durch das jeme- nitische Bergland von Nordost nach Südwest, der in beiden Richtungen bis zum Horizont zu sehen war.
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Jemen Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Titel
Jemen
Untertitel
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Autor
Hasso Hohmann
Verlag
Verlag der Technischen Universität Graz
Ort
Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-670-3
Abmessungen
20.0 x 27.0 cm
Seiten
308
Schlagwörter
Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkungen 7
    1. Reisemotive 9
    2. Reiseplanung 12
  2. Einige Tage Ägypten 17
    1. Sakkara 18
    2. Memphis 19
    3. Gizeh 20
    4. Kairo 21
    5. Ägyptisches Nationalmuseum 24
    6. Altstadt von Kairo 25
  3. Reise durch den Jemen 29
    1. Altstadt von Sanaa 33
    2. Kleidung von Männern und Frauen 42
    3. Die leichte Droge Kat 56
    4. Marib 60
    5. Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
    6. Säulen und ihre Kapitelle 74
    7. Flug ins Wadi Hadramaut 78
    8. Wasserhäuser 84
    9. Tarim 86
    10. Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
    11. Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
    12. Mausoleum in Al Ghurfa 107
    13. Schibam 108
    14. Seiyun 124
    15. Auskragungen und Vorspanneffekte 133
    16. Hureida 139
    17. Hadjarein 142
    18. Chrecher 142
    19. Sif 144
    20. Bienenhaltung in Amphoren 152
    21. Al Mukalla 157
    22. Fahrt nach Aden 165
    23. Aden 168
    24. Taiz 175
    25. Saada 195
    26. Schahara 202
    27. Fahrt nach Sanaa 209
    28. Amran 209
    29. Thulla 213
    30. Kaukaban 218
    31. Kuchlan 224
    32. Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
    33. Hodeida 233
    34. Zabid 236
    35. Hadjara 242
    36. Rauda 249
    37. Baynun 254
    38. Zurück entlang des Roten Meeres 268
  4. Siedlungsformen 273
    1. Schibam 273
    2. Hadschara 273
    3. Hadscharain 274
    4. Schahara 274
    5. Al Qurazihah, Afrikanischer Kral im Jemen 275
    6. Aden 276
  5. Bauformen 277
    1. Adobe-Lehmhochhäuser 277
    2. Saada-Lehmbauweise 278
    3. Schaabwa-Riegelwände 278
    4. Steinbauten 284
    5. Vorkrageffekte bei Lehmbauten 284
    6. Rundtürme mit aufgebauten Kleinpalästen 285
  6. Architekturdetails 287
    1. Kuppeln 287
    2. Gurtbögen 287
    3. Säulen, Pfeiler und ihre Kapitelle 288
    4. Verschachtelungen 288
  7. Apendix
    1. Bibliographie 292
    2. Abbildungsnachweis 294
    3. Anmerkung zu Ortsnamen 295
    4. Glossar 296
    5. Zu den Reisenden 302
    6. Dank des Autors 303
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