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REISE DURCH DEN JEMEN
99 den Riegel zu erkennen ist. Der rechteckige Block auf
dem Türblatt samt Querriegel hat etwa die Größe,
Position und Proportion wie bei den hölzernen Fallen-
schlössern mit ihren zugehörigen Querriegeln an den
Hochhäusern von Schibam (Hohmann 2014:16).
Das aus Stein modellierte Schloss liegt allerdings
etwas tiefer, als bei den meisten Holzschlössern. In
allen bekannten Fällen sind die Fallen des Fallen-
schlosses über dem Absperrriegel angebracht. Da-
her ist üblicherweise der Teil des Schlosses über dem
Riegel höher, als der unter dem Riegel. Bei Stele 3
von Axum ist dies umgekehrt. Das kann ein Fehler
des Bildhauers gewesen sein oder auf eine andere
Konstruktion des dargestellten Schlosses hindeuten.
Im unteren Bereich des Schlosses gibt es eine leichte
Vertiefung; vielleicht hat auch diese mit einem etwas
andersartigen Schließmechanismus zu tun? Jedenfalls
ist die Schloss- und Riegeldarstellung in Axum ein
weiteres Indiz dafür, dass es sehr ähnliche hölzerne
Türschlösser bereits bald nach dem Beginn unserer
Zeitrechnung sowohl in Äthiopien wie auch im süd-
lichen Jemen gegeben hat.
häuser in Schibam. Nun gibt es zwei Möglichkeiten.
Entweder wurden hier wirklich andere Hochhäuser
dargestellt, die vielleicht sogar einst in der Umgebung
von Axum standen. Die Konstruktionsweise der in den
Reliefs dargestellten Bauten entspricht jedenfalls jener
der Kirche von Debre Damo nordöstlich von Axum, die
zwischen dem 6. und 9. Jh. n. Chr. errichtet wurde.
Die zweite Möglichkeit ist die, dass die Bildhauer der
Steinstelen in Axum den Auftrag erhielten, Hochhäuser
so hoch und noch höher als in Schibam zu modellie-
ren, dass sie die jemenitischen Hochhäuser aber nie
gesehen hatten und sich die Hochhäuser in der tradi-
tionellen Bauweise Nordäthiopiens dabei vorstellten.
Dann hätten sie auf diese Weise etwas kreiert, das es
in der Realität besonders mit einer solchen Stockwerks-
zahl und Höhe vielleicht nie gegeben hat.
Dreizehn Stockwerke entsprechen heute bei uns bei
3 m pro Stockwerk einem Hochhaus mit rund 40
m Höhe. Da die Menschen damals kleiner waren,
dürfte man für ein solches Hochhaus vielleicht eine
geringere Stockwerkshöhe veranschlagen können.
Aber selbst bei einer Stockwerkshöhe von nur 2,50
m inklusive Deckenkonstruktion kommt man immer
noch auf fast 33 m Turmhöhe.
Fest steht, dass es sich bei den äthiopischen Stelen
südwestlich des Roten Meeres um Architekturdarstel-
lungen handelt, bei denen sogar deutlich jedes Detail
der Baukonstruktion mit vortretenden Deckenbalken,
die Eingänge und auch die Fenster mit Fensterkreu-
zen, mit T-Teilungen, mit Jalousien oder in den oberen
Stockwerken mit lichtreduzierenden Transennen über
sehr viele Stockwerke sehr genau dargestellt ist. Es
dürfte sich dabei vielleicht um in der Höhenentwick-
lung übertriebene Abbilder von Architektur der da-
maligen Zeit in und um Axum mit der sogenannten
Affenkopfkonstruktion handeln, weil die höchsten der
uns heute im Jemen bekannten historischen Hochhäu-
ser nur bis zu neun Stockwerke zählen.
Bei den Stelen in Axum sind unter anderem auch im
Erdgeschoß die Haustüren dargestellt. Die meisten
Türen der Stelen von Axum verfügen nur über einen
Klopfring, den man sich im Original als Ring aus Me-
tall vorzustellen hat. Die in Stein dargestellten Ringe
waren beweglich an der Tür an einer oder zwei vor-
tretenden Ösen außen befestigt. Man ging wohl da-
von aus, dass nicht sehr oft ein weiterer Verstorbener
hereingelassen werden muss.
Nur bei Stele 3 von Axum, die vermutlich die älteste
der drei höchsten Stelen in Axum ist, zeigt die Tür-
darstellung an der Südseite eine Eingangstür, bei der
auf der linken Seite neben der Türlaibung ein vortre-
tendes Schloss mit einem nach links zu verschieben- Abb. 101
Die Darstellung eines hölzernen Schlosses auf
einer Tür an Stele 3 von Axum.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix