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Geographie, Land und Leute
Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Seite - 104 -
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REISEBERICHT 104 in gleichmäßigen Abständen parallel zur Kiblawand gerichtet stehen. Sie entspricht damit den klassischen Hofmoscheen, die sich an der Anlage des Hauses Mohammeds in Medina orientieren. Auch hierdurch ist eine Ähnlichkeit mit den westislamischen Hofmo- scheen zu beobachten. Das schlichte Weiß der Architektur dieser Moschee unterstreicht die Schönheit der Gebäudeform, die nur durch das Spiel von Licht und Schatten leben- dig wird. Die vielen Blendgitter und Transennen aus Lehmziegeln, die Gewölbe, die Gesimse und Joch- bögen als Reliefs und auch als konstruktive Architek- turelemente machen die Moschee zu einem beein- druckenden Erlebnis. Nahe der Moschee etwas abseits lag ein sehr ge- pflegter Friedhof mit mehreren großen Grabbauten für herausragende geistliche Würdenträger, die hier Sai’yd genannt und als Heilige verehrt werden. Die Bauten enthalten nicht nur das Grab der jeweiligen Person, sondern sind zugleich Andachts- und Ge- betsraum. Auch sie erinnern sehr an die Bauform der Gräber für “Marabouts” in Marokko. Auch sie stehen auf quadratischem Grundriss, haben leicht nach innen geneigte Wände und tragen als Decken- abschluss ein nach oben spitz zulaufendes bezie- hungsweise parabolisch geformtes Gewölbe. Beim Gewölbeansatz sind sie meist mit einem rundum laufenden Ziegelgitter oder Blendgitter geschmückt, das in gleichmäßigen Abständen von Pfeilern geglie- dert wird. Die kleineren Gräber waren alle gleich groß, weil vor Allah alle Menschen gleich sind. Sie bestehen alle aus einem relativ hohen künstlich angelegten Sockel aus Lehm, der unter Verwendung von Wasser eine feste Form erhalten hat. Auf jedem dieser Gräber steht an einem Ende hochkant ein hoher, breiter, flach geformter Stein, der nach außen eine mehrzeilige In- schrift trägt. Am anderen Ende des Grabes steht im- mer ein niedrigerer Stein, der ebenfalls nach außen, also in der entgegengesetzten Richtung eine Inschrift trägt. Dazwischen kann das Grab frei von weiteren Steinen sein oder einen kleinen oder auch mehrere kleine aufgestellte Steine tragen. Die Steinstelen ge- ben Auskunft über das Geschlecht und den Namen der beerdigten Person. In der Umgebung sahen wir einige unverschleierte junge Frauen. Auf die Frage nach dem Grund für das Neben diesen zwei Minarett-Typen gab es im Wadi Hadramaut bis zur Südküste außerdem sehr schlanke hohe Minarette, deren Konstruktion und Gestaltung sich von den anderen Minaretten des Wadi Hadra- maut noch einmal stark unterscheiden. Auffallend ist bei diesen die extreme Höhe. So hat eines der zwei hohen Minarette in Tarim immerhin nahezu 60 m Höhe, was bei einem schlanken aus Lehm gebauten Turm extrem hoch ist. Die Minarette dieses dritten Minarett-Typs haben fast durchgehend einen quadratischen Grundriss, der meist im vorletzten Stockwerk optisch durch die Verwendung eines achteckigen Turmprofils von den meisten Betrachtungspunkten aus gesehen einge- schnürt wirkt. Im letzten Stockwerk kehren die Türme dann wieder zum quadratischen Querschnitt zurück, wodurch der oberste Teil wie ein Kopf wirkt. Über den gesamten Turm sind an den Fassaden Blendgitter und bei Brüstungen echte Lehmziegelgit- ter zu sehen. Auf der Spitze tragen die Türme kleine Rundkuppeln, die als Bauform offensichtlich aus In- dien importiert wurden und den Einfluss von außen unterstreichen. Dass die zwei höchsten dieser Türme in Tarim den oft heftigen Staub- und Sandstürmen, aber auch den doch immer wieder auftretenden Re- genfällen bislang widerstanden haben, obwohl sie aus ungebrannten Lehmziegeln errichtet wurden (Bo- chow u. Stein 1986:115), grenzt fast an ein Wunder. Das ältere dieser Minarette, das der Al-Mihdhar-Mo- schee wurde erst Anfang des 20. Jh. errichtet und ist mit seinen fast 60 m Höhe das höchste in ganz Süd- arabien. Es steht auf einer annähernd quadratischen Grundfläche mit einer seitlichen Kantenlänge von ge- schätzten 6 m am Gebäudefuß und gut 3,50 m an der Turmspitze. Mit dem ausländischen Geld der von zu Wohlstand gekommenen zurückkehrenden Jeme- niten wollte man etwas Spektakuläres bauen – ob dies mit dem Geist der islamischen Religion vereinbar ist, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die Höhe ungewöhnlich, die Bauform entspricht aber etwa dem Äußeren der großen Paläste. Die fünf Kuppeln an der Spitze dieses Turmes wie auch der anderen ähnlichen Türme wirken sehr indisch. Inzwischen gibt es bei der kleinen Moschee ebenfalls ein Minarett dieses Typs, das aber nicht ganz so hoch ausgefal- len ist. Es gibt aber auch weitere Beispiele dieses drit- ten Minarett-Typs in anderen Städten im Hadramaut und an der Südküste. Die Al-Mihdhar-Moschee selbst ist wesentlich älter und hat einen großen von Arkaden umgebenen Hof mit einer anschließenden großen Stützenhalle, deren Dach von Arkadenreihen getragen wird, die Abb. 106 Friedhof und zwei Mausoleen in Tarim.
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Jemen Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Titel
Jemen
Untertitel
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Autor
Hasso Hohmann
Verlag
Verlag der Technischen Universität Graz
Ort
Graz
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-670-3
Abmessungen
20.0 x 27.0 cm
Seiten
308
Schlagwörter
Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkungen 7
    1. Reisemotive 9
    2. Reiseplanung 12
  2. Einige Tage Ägypten 17
    1. Sakkara 18
    2. Memphis 19
    3. Gizeh 20
    4. Kairo 21
    5. Ägyptisches Nationalmuseum 24
    6. Altstadt von Kairo 25
  3. Reise durch den Jemen 29
    1. Altstadt von Sanaa 33
    2. Kleidung von Männern und Frauen 42
    3. Die leichte Droge Kat 56
    4. Marib 60
    5. Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
    6. Säulen und ihre Kapitelle 74
    7. Flug ins Wadi Hadramaut 78
    8. Wasserhäuser 84
    9. Tarim 86
    10. Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
    11. Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
    12. Mausoleum in Al Ghurfa 107
    13. Schibam 108
    14. Seiyun 124
    15. Auskragungen und Vorspanneffekte 133
    16. Hureida 139
    17. Hadjarein 142
    18. Chrecher 142
    19. Sif 144
    20. Bienenhaltung in Amphoren 152
    21. Al Mukalla 157
    22. Fahrt nach Aden 165
    23. Aden 168
    24. Taiz 175
    25. Saada 195
    26. Schahara 202
    27. Fahrt nach Sanaa 209
    28. Amran 209
    29. Thulla 213
    30. Kaukaban 218
    31. Kuchlan 224
    32. Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
    33. Hodeida 233
    34. Zabid 236
    35. Hadjara 242
    36. Rauda 249
    37. Baynun 254
    38. Zurück entlang des Roten Meeres 268
  4. Siedlungsformen 273
    1. Schibam 273
    2. Hadschara 273
    3. Hadscharain 274
    4. Schahara 274
    5. Al Qurazihah, Afrikanischer Kral im Jemen 275
    6. Aden 276
  5. Bauformen 277
    1. Adobe-Lehmhochhäuser 277
    2. Saada-Lehmbauweise 278
    3. Schaabwa-Riegelwände 278
    4. Steinbauten 284
    5. Vorkrageffekte bei Lehmbauten 284
    6. Rundtürme mit aufgebauten Kleinpalästen 285
  6. Architekturdetails 287
    1. Kuppeln 287
    2. Gurtbögen 287
    3. Säulen, Pfeiler und ihre Kapitelle 288
    4. Verschachtelungen 288
  7. Apendix
    1. Bibliographie 292
    2. Abbildungsnachweis 294
    3. Anmerkung zu Ortsnamen 295
    4. Glossar 296
    5. Zu den Reisenden 302
    6. Dank des Autors 303
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