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REISE DURCH DEN JEMEN
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Männer, die ihr Kopftuch um die Knie banden, um
das Hocken beim Gebet zu erleichtern. Wir aßen
in einem Restaurant Huhn mit Reis und tranken gu-
ten Minzetee dazu. Nach dem Essen besuchten wir
auch hier einen sehr gepflegten Friedhof mit einigen
Grabbauten für verdiente Geistliche, die wieder in
ihrer Großform an Bauten für die Marabouts in Ma-
rokko erinnerten. Alle Tragen hier Transennen oder
Blendgitter aus Lehmziegeln. Die Bilder der Friedhöfe
von Tarim und Seiyun gleichen einander stark.
Einer dieser Grabbauten in Seiyun hatte keinen Kup-
pelabschluss, sondern eine Flachdecke aus Holzbal-
ken mit Lehmabdichtung und erinnerte mich in seiner
kubischen Form sowie mit den Lehmziegelgittern und
den oben überstehenden drei Stützgliedern an die
Form vieler Taubenhäusern auf der griechischen Kyk-
ladeninsel Tinos. Die Architektur der Taubenhäuser
wurde mit Sicherheit aus der islamischen Welt stark beeinflusst und von den Osmanen auf der Insel ein-
geführt. Diese besetzten zwischen 1538 und 1630
Teile des Jemen und waren auch in Teilen des Na-
hen Ostens präsent, wo es am Fuße der Arabischen
Halbinsel in Syrien und Jordanien viele Taubenhäuser
gibt. Zwischen 1715 und 1830 besetzten die Os-
manen die Insel Tinos. Selbst wenn man vermuten
darf, dass es einzelne ältere Taubenhäuser auf der
Insel Tinos schon gegeben hat, so kam die intensive
Taubenhaltung für die Allgemeinheit und damit die
üppige Gestaltung von diesen “Taubenpalästen“ auf
dieser Insel erst mit der türkischen Besatzung auf und
sie wurde auch nach dem Abzug der Türken weiter
noch bis ins 20. Jh. gepflegt.
Es kann daher als gesichert gelten, dass die Insel
erst unter den Osmanen zur Insel der tausend Tau-
bentürme wurde, und auch, dass die Gestaltung der
Bauten über die Osmanen stark beeinflusst wurde.
Abb. 128
Dies ist die älteste bekannte Darstellung eines Taubenhauses auf Tinos. Sie datiert ins Jahr 1790 und
zeigt ein Taubenhaus mit Blendgittern zur Beschattung, unterhalb Einstiegsöffnungen für die Tau-
ben sowie mit den typischen kleinen Ecktürmchen und gitterartige Aufbauten über den Seitenmitten
auf dem Dach. Neben dem Taubenhaus erkennt man eine gehende Person links und zwei vor einer
Mauer sitzende Personen rechts, die alle Turbane tragen. Bei diesen handelt es sich mit weitgehender
Sicherheit nicht um Griechen, sondern um osmanische Besatzer auf der Insel Tinos, die im Kontext mit
dem Taubenhaus gezeigt werden (Hohmann 2012:159 unten).
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix