Seite - 134 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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REISEBERICHT
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auf gleicher Höhe vortreten. Auf diesen liegen die
Querbalken der eigentlichen, allseitig vortretenden
Turmplattform. Von diesen Balken kann man in dem
Foto links einen Teil des ersten erkennen, da hier der
Lehmverputz heruntergefallen ist. Auf diesem ersten
lastet die Brüstungsmauer der zu allen Seiten auskra-
genden Turmplattform (siehe Abb. 138).
In Hureida besteht die Brüstung aus einer niedrigen
Mauer, die an den Ecken jeweils hinaufgezogen ist.
Zwischen den jeweils zwei Mauerstreifen wurden
Ziegelgitter eingebracht. Die Ziegelgitter haben eine
gewisse Ähnlichkeit mit den Gittern des urartäischen
Turmes. Die Plattformecken sind auch hier durch drei
aufgesetzte, zur Ecke hin aufsteigende Stufen betont.
Die oberste Stufe steigt beim Turm von Hureida zum
Eckpunkt nochmals steil auf. Abgesehen davon, dass
der Turm im Verbund mit einer Moschee stand, signa-
lisiert auch das kleine, mittig angeordnete Türmchen
mit nach oben spitz zulaufendem Gewölbe auf der
Dachfläche des Turmes, dass dieser Turm ein Mina-
rett ist. Von dem Turmaufbau sieht man im Helfritz-Fo-
to allerdings nur die Spitze.
Die Unterschiede zwischen den zwei Türmen sind
relativ gering. Der größte Unterschied zwischen Hu-
reida-Turm und dem urartäischen Turm ist das kleine
mittig aufgesetzte Türmchen mit oben spitz zulaufen-
dem Gewölbe. Der hatte keinen solchen Aufsatz.
Außerdem ist der urartäische gemauerte Turmschaft
bei dem Modell aus Van der Länge nach durch zwei
flache Eckrisalite leicht profiliert. Im Detail fehlt beim
Turmrelief aus Van die Abschrägung der obersten
Stufe beim Brüstungsaufbau an den Ecken. Ein fei-
ner Unterschied liegt auch in der Holzkonstruktion.
In Hureida sind die Baumstämme rektanguliert, beim
Turm aus Van sind sie rund. Dennoch stimmen die
große Ähnlichkeit in Konstruktion und Form mit der
Darstellung eines Turmes der urartäischen Kultur aus
der Zeit zwischen ca. 900 v. bis 600 v. Chr. aus
dem Raum um und nordwestlich von Van in der Ost-
türkei zeigt.
Das urartäische Bronzerelief (Lloyd et al. 1975:53,
Abb. 95) wurde in Tuschpa (Toprakkale), nur wenige
Kilometer nordwestlich von Van gefunden und gibt
einen urartäischen Turm aus dem frühen 1. Jt. v.Chr.
mit allen konstruktiven Details wieder. So zeigt der
Turm auf der vorderen Mauerbank des Turmschaf-
tes mit rektangulärem Grundriss einen aufliegenden,
beidseitig auskragenden Querbalken, über dem
drei aufgelegte Paare von in der frontalen Richtung
auskragenden runden Holzbalken liegen. Über den
vortretenden Vorderkanten der Rundholzpaare liegt
nochmals ein Querbalken, auf dem die Brüstungs-
mauer des wohl auf allen vier Seiten vorkragenden
Turmdaches lastet. Die Brüstung folgt an allen vier
Seiten der Außenkante dieses Daches. Sie besteht
aus einem offenbar aus Ziegeln konstruierten Gitter,
über dem an den Eckpunkten dreistufige Überhöhun-
gen wie Eckzinnen aufsteigen, die den wehrhaften
Charakter der Turmplattform betont (siehe Abb. 136
und Abb. 137).
Der von Hans Helfritz Anfang der 30er Jahre des
20. Jh. im Süd-Jemen fotografierte Turm in Hureida
zeigt eine starke Ähnlichkeit mit dem urartäischen
Turm. Auch bei diesem gibt es einen gemauerten
Turmschaft auf rechteckigem Grundriss, über dem auf
der vorderen Mauerbank ein erster Balken wohl einer
ganzen anschließenden Balkenlage liegt und rechts
und links auskragt. Darüber folgen vier nach vorne
vortretende Balken, die offenbar mit den unteren Bal-
ken verklinkt wurden, da sie nicht versetzt, sondern
Abb. 140
Dieses Fragment eines Bronzereliefs von min-
destens zwei dreigeschoßigen urartäischen
Wohnhäusern zeigt Bauten mit Dachterrassen,
deren Brüstungen auf einem Streichbalken über
vorkragenden Deckendoppelbalken stehen, die
durch das Gewicht vorgespannt werden und
deshalb innen weniger durchhängen.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix