Seite - 186 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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REISEBERICHT
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Englischlehrer, mit denen wir uns eine Zeit lang gut
unterhielten. Der Abend klang dann auf der Hotel-
terrasse bei süßem Minzetee mit schönem Blick zum
Jebel Sabir und zu den vielen Sternen darüber aus.
Am Freitag den 3.1.1992 fuhren wir gleich in der
Früh nach Ibb, das 63 km von Taiz entfernt liegt. Wir
brauchten mit dem sehr schnell fahrenden Sammelta-
xi nicht sehr viel mehr als eine halbe Stunde, obwohl
die Straße an einigen Stellen sehr steil war. In Ibb
ging es mit einem anderen Taxi zum Hotel Maen
Tourist, in dem wir unterkamen und unser Gepäck
abstellten. Das Hotel war etwas heruntergekommen,
aber alle Räume hatten private Toiletten und Du-
schen. Außerdem hatte jedes Zimmer einen Balkon.
Das Zimmer war zu einem Park hin ruhig gelegen.
Wir aßen in einem sehr urtümlichen Restaurant, das
von innen fast völlig vom Ofenrauch geschwärzt war.
Hier gingen ständig Menschen ein und aus. Es war
offensichtlich sehr beliebt und frequentiert. Das Menü
bestand aus einer scharfen Suppe, Brot und Tee. Die
Suppe wurde in Schalen aus einer sehr rauen, gro-
ben, fast schwarzen Keramik serviert und schmeck-
te undefinierbar. Jedenfalls konnte man Linsen aus
der Suppe herausschmecken und am Grund meiner
Schüssel gab es einen fest mit der Schale verkrusteten
Satz, der selbst völlig schwarz, hart und klüftig war –
wohl eine Art “Suppenstein“. Dazu wurde frisch geba-
ckenes gut riechendes Fladenbrot gereicht. Am Ende
spülten wir die Suppe mit einigen Gläsern schwarzen
Tees mit Minze hinunter, zahlten und gingen.
In der Altstadt stehen hohe Steinhäuser eng anein-
andergedrängt. Die Geschoßdecken sind aus Holz-
balken konstruiert, die zum Teil im Innern auf Schluss-
steingurtbögen lagern. Die in größeren Abständen
gelegten Balken sind relativ unregelmäßig gewach-
sen, bestehen aus einem harten Holz und tragen
dicht aneinandergelegte dünne Äste, auf denen der
eigentliche Deckenbelag, eine Lehmauflage als Aus-
gleichsschicht unter dünnen Steinplatten, liegt. Die
Treppen sind auch hier meist mehrläufig angelegt –
drei kurze Treppenläufe um einen massiven dunklen
Treppenhauskern. An der vierten Seite liegt der Trep-
penaustritt. Auch die Räume sind sehr dunkel. Durch
die engen kleinen Fenster kommt nur wenig Licht he-
rein. An den Fassaden finden sich Transennen meist
aus Stein, Blendgitter, die kunstvoll aus den relativ
kleinen und schwer zu bearbeitenden Steinplatten zu-
sammengesetzt sind und ihren eigenen Reiz haben.
Es finden sich auch die T-förmigen Vorkragelemente,
die hier manchmal nur als Schmuckelemente verwen-
det und in Stein nachgeformt sind, in anderen Fällen
aber den Vorspanneffekt auch wirklich bei Holzbal-
ken erzeugen.
Zurück in Taiz gingen wir nochmals in die Altstadt.
Wir sahen viele aus Silber gefertigte Koransurenbe-
hälter mit relativ grober Verarbeitung und zweifelhaf-
tem Silbergehalt. Auch andere Objekte zeigten, dass
die jüdischen Silberschmiede, die beim ersten Golf-
krieg das Land verlassen mussten, ihren Teil der jeme-
nitischen Silberschmiedekultur mitgenommen hatten.
Am Ende kaufte ich eine Djampiya mit einer Scheide
mit sehr feinen Filigranarbeiten in Silber. Sie ist leider
leicht beschädigt. Ich erwarb sie zu einem auch für
europäische Preisverhältnisse stolzen Preis. Sie war
aber noch ein qualitätsvolles Stück aus alten Tagen.
Wir gingen noch einmal zur Musaffar Mosche mit
ihrem reichen Außendekor in Form von einem sehr
breiten Flechtband mit deutlich afrikanischem Einfluss,
das die gesamte Moschee umgab und mit vielen an-
deren Flechtmotiven auf den Fassaden und fast ro-
manisch wirkenden Arkadenreliefs. Danach aßen wir
in einem anderen Restaurant, das ein Jemenite aus
Aden in Taiz eröffnet hatte, Fisch. Im Hotel trafen wir
einige syrische Lehrer, einen Mathematiker und zwei
Abb. 205
Mädchen aus Ibb mit Händen, die mit Henna für
ein Fest verziert wurden.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix