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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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fĂŒhren Hamm und andere BeitrĂ€ger des Bandes nun jedoch nicht  – wie Handke  – auf PhĂ€nomene einer Ungleichzeitigkeit zwischen der Entwicklung literarischer Verfahren und deren kritischer Kommentierung zurĂŒck, vielmehr verstehen sie ihre spezifische „Kritik der Kritik“ 109 vor allem als Ideologiekritik der Kri- tik unter eindeutig politischen Vorzeichen. Demnach lasse sich „die etablierte Literaturkritik“ nirgends leichter „als reaktionĂ€r und anachronistisch decouv- rieren“ als in ihrem traditionellen VerstĂ€ndnis von ‚Geist‘ und ‚Kultur‘, das die gesellschaftlichen Voraussetzungen dieser Begriffe vernachlĂ€ssige.110 Als Gegen- entwurf zeichnet Hamm  – mit Bezug auf Bertolt Brecht  – die progressive Rolle eines „dialektisch-materialistisch  [
] argumentierende[n] Kritiker[s]“, der sich von der ĂŒberkommenen Erscheinungsform des „idealistisch reagierende[n]“ Kritikers emanzipiere.111 Dass die Fraktion der stĂ€rker politisch argumentierenden Akteure Handke nicht als einen der ihren verstand, den „politisch unzuverlĂ€ssigen Jungstar“ 112 vielmehr als Teil des Problems interpretierte, sollte sich im Jahr darauf nur zu deutlich zeigen: In seiner scharfen Polemik gegen Handke, dessen wachsende „Publicity“ sowie die Gruppe der „Handke-Fans“, ja der „Handke-Gemeinde“,113 erklĂ€rte Peter Hamm im Juni 1969 in der Zeitschrift konkret diesen zum „ideo- logischen Feindbild“.114 Handkes „zwanghafte Artistik“ lasse nicht nur auf ein Bild, das im Laufe der vorliegenden Arbeit, wenn Peter Handkes Kontroverse mit Marcel Reich- Ranicki im Mittelpunkt steht, noch eine wichtige Rolle spielen wird. Dazu Kap.  IV, Abschnitte „Die Bestie von Puyloubier“ und „Mit CĂ©zanne gegen die Hunde“. 109 Yaak Karsunke: Uralte Binsenwahrheiten. In: Kritik  – von wem  / fĂŒr wen  / wie (Anm.  65), S.  45 – 48, hier S.  47. Zu Karsunkes Thesen vgl. die „Diskussionsnachzeichnung“ eines 1971 gefĂŒhrten PodiumsgesprĂ€chs: Braucht die Literatur Kritik und das Publikum den Kritiker? StreitgesprĂ€ch zwischen Yaak Karsunke, Dieter Wellershoff und anderen. In: Kritik der Lite- raturkritik (Anm.  91), S.  74 – 80. 110 Hamm: Der Großkritiker (Anm.  84), S.  33. 111 Ebd., S.  36. 112 Herwig: Meister der DĂ€mmerung (Anm.  81), S.  128. 113 Peter Hamm: Der neueste Fall von deutscher Innerlichkeit: Peter Handke. In: konkret, Nr.  12, 2. 6. 1969, S.  42 – 45, hier S.  42; erneut abgedruckt in: Über Peter Handke. Hg. v. Michael Scharang. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1972, S.  304 – 314. Als Kommentar zu Hamms Attacke vgl. B. S.: Peter Handkes Drinnen- und Draußenwelt. In: Theater heute (1969), H.  7, S.  4. 114 Wagner: Handke und die Gruppe 47 (Anm.  68), S.  122. Zur Rekonstruktion dieser Kontroverse vgl. Michaelis: Ohrfeigen fĂŒr das Lieblingskind (Anm.  59), S.  84 – 86, der eine allgemeine „Bar- riere ideologischer, materialistisch-marxistischer Kritik“ beschreibt, „gegen die sich Handkes Werk wĂ€hrend der Zeit der linken TrĂ€ume, der Studenten-Unruhe durchsetzen mußte“ (ebd., S.  87). Dazu auch Karl Wagner: Der Popstar im Elfenbeinturm. Kontexte zu Handkes ‚Auf- tritt‘ in Princeton. In: Dichterdarsteller. Fallstudien zur biographischen Legende des Autors im 20. und 21.  Jahrhundert. Hg. v. Robert Leucht u. Magnus Wieland. Göttingen: Wallstein 2016, S.  175 – 190, hier S.  189: „Es ist bezeichnend fĂŒr Handke, dass er am Höhepunkt seiner Popula- ritĂ€t den politischen Jargon der diversen Emanzipationsdiskurse rĂŒckhaltlos der Sprachkritik „ich kann mich damit schwer abfinden“: Kritik der Kritik als Werkpolitik52 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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