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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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sein,342 kam aber trotzdem zu einem ernĂŒchterten Fazit: „Ich hĂ€tte nie freiwillig das Buch gelesen, ich finde es bis zur Seite fĂŒnfzig einigermaßen ertrĂ€glich, was weiter kommt  – bitte explodieren Sie nicht  – ist meiner Ansicht nach schlechte, glĂ€ubige Literatur, sprachlich sehr fragwĂŒrdig und furchtbar langweilig.“ 343 Was seine Ablehnung angeht, erwies sich Reich-Ranicki, aller Transformationen in Handkes Poetik, aller Varianz seiner ErzĂ€hlverfahren zum Trotz, als ein Meister der BestĂ€ndigkeit, der die immer gleichen VorwĂŒrfe gegen die Texte des Autors erhob. Ein knappes halbes Jahr nach der Diskussion des Apotheker-Romans im Literarischen Quartett hat Reich-Ranicki in einem Interview mit dem Spiegel als Reprise frĂŒherer Kritiken noch einmal auf die ‚Langweiligkeit‘ von Handkes Arbeiten schon Mitte der 1960  Jahre  – hier konkret bei der Princetoner Tagung der Gruppe 47  – hingewiesen: „Peter Handke war zuvor durchgefallen mit einem sehr langweiligen Text. Er meldete sich plötzlich und sagte in einem weinerlich-infan- tilen Ton, die Literatur, die vorgelesen wurde, sei ‚Beschreibungsliteratur‘. Damit charakterisierte er vor allem seinen eigenen Text.“ 344 In diesem Zusammenhang hatte Sigrid Löffler Reich-Ranicki bereits 1990 im Literarischen Quartett  – als dieser sich erneut „sehr gelangweilt“ von Handkes BĂŒchern zeigte,345 ohne die Kriterien seines Urteils offenzulegen  – ans Herz gelegt, dem Autor „mal etwas ganz anderes [zu] verĂŒbeln“, anstatt die ĂŒber Jahrzehnte kaum variierten Vor- wĂŒrfe bloß zu recyceln.346 2007 ist Handke, neuerlich im GesprĂ€ch mit AndrĂ© MĂŒller, noch einmal auf die als elementare Bedrohung seiner Autoren-Existenz erlebte Auseinanderset- zung mit Reich-Ranicki zu sprechen gekommen: „FrĂŒher, als ich so dreissig, vier- zig war, da habe ich schon manchmal bösartig losgelegt. Da wollte ich jemanden zwar nicht vernichten, aber weghaben von mir. Aber dann hat der andere, zu Recht, mich vernichten wollen.“ Auf die Nachfrage MĂŒllers, sich doch genauer zu erklĂ€ren, erwiderte Handke: „Lassen Sie mich mit diesem Knickerbocker in Frieden! Ich bin froh, dass ich an diesen armen Menschen schon lang nicht mehr denken muss.“ 347 342 Reich-Ranicki: Handke, In einer dunklen Nacht (Anm.  337), 18:45 – 18:49; vgl. Das Literarische Quartett. Bd.  2 (Anm.  249), S.  603. 343 Reich-Ranicki: Handke, In einer dunklen Nacht (Anm.  337), 19:26 – 19:50; vgl. Das Literarische Quartett. Bd.  2 (Anm.  249), S.  603. 344 N. N.: „Mancher Dichter fand es grausam“. Interview mit Marcel Reich-Ranicki ĂŒber die „Gruppe 47“, ihre Autoren und ihren GrĂŒnder. In: Der Spiegel, Nr.  36, 1. 9. 1997, S.  214 – 219, hier S.  215. Auf S.  218 druckte der Spiegel ein Foto Handkes mit dem Untertitel „Tagungsteilnehmer Handke (1966) / Weinerlich-infantiler Ton“. 345 Reich-Ranicki in: Das Literarische Quartett. Bd.  1 (Anm.  249), S.  290. 346 So Sigrid Löffler ebd. 347 MĂŒller/Handke: „Ein Idiot im griechischen Sinne“ (Anm.  28), S.  55. „Mein Feind in Deutschland“: Peter Handke vs. Marcel Reich-Ranicki214 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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